stand wie vor sechs Jahren auch in der Ära der Kunstdicbstiihle
ein Mord. Damals hatten zwei Metalldiebe bei Mödling ihre Ab-
nehmer umgebracht, in der Nacht zum i. Dezember 1956 er-
scboß der Dieb von der Votivkirche seinen Hehler. Der Hinter-
grund dieses Verbrechens ist einer der wertmäßig bedeutendsten
Fälle von Kunstdicbstahl. Die Heiligenfiguren des Amraser Altars.
gotische Holzschnitzarbeit aus dem 15. Jahrhundert, stellen tat-
sächlich einen Kunstschatz dar. Etwa zur gleichen Zeit ver-
schwanden aus der Filialkirche von Pockhorn bei Heiligenblut
Statuen, die gleichfalls die Bezeichnung kostbar verdienen. Wei-
ter fortzusetzen, fiillt schon schwer. Wenn auch bei vielen der
übrigen Kirchen- und sonstigen Kunstdiebstähle erhebliche Wert-
angaben zirkulieren, so geht es doch eigentlich fast nie um
wirklich Unersetzliches.
Diese Umstände und auch andere Anzeichen sagen den Krimi-
nalisten, daß es sich bei den Kunstdiebstählcn wahrscheinlich
nicht - auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat -
um das Werk eines internationalen Diebs- und Schmugglerringes
handeln dürfte. Man kommt nicht aus Übersee, um nach langer
Kreuzfahrt landauf, landab zehn oder zwanzig Barockengcrlit
zu ergattern. Die Fälle, die bisher geklärt werden können, ver-
mitteln ein ganz anderes Bild: Da wurde einmal ein Handels-
vertreter, ein anderes Mal wieder eine Gruppe jugendlicher ver-
haftet. Dem Vertreter waren, wenn er mit seinem Auto herum-
kam, unterwegs einfach günstige Gelegenheiten untergekommen.
Die jungen Burschen wieder sind nicht selten sogar dieselben, die
vor fünf und sechs jahren Buntmetall stahlen - sie stehlen alles,
was leicht zugänglich ist und Interessenten findet. Die Auftrag-
geber, wenn man überhaupt von solchen sprechen kann, sind
weder leidenschaftliche Sammler noch versierte Makler. In dem
„Votivkirchen-liall" war es ein Kaffeehauspächtcr, der wtdci" als
Cafetier, geschweige denn als Kunsthiindler einen Gewerbe-
schein oder auch nur Sachkenntnis besaß. Um „seine" Heiligen
anzubringen, brauchte er als Vermittler einen deutschen Auto-
händler. jene Bande, die im Februar in Wien ausgehoben wurde,
hatte über den Riidclsführer ursprünglich tatsächlich mit einem
Kunsthändler zusammengearbeitet, der dem Burschen von einem
- Sittlichkeitsvcrbrcchen her bekannt war. Als die Bande andere
Abnehmer suchte, war damit auch schon ihr Ende besiegelt.
Eine Kunsth-ändlerin aus der Wiener Inneren Stadt meldete der
Polizei, daß ihr aus der Franziskancrkirche gestohlene Altar-
leuchter angeboten worden waren und bald darauf befanden sich
die Burschen in Haft. Sie hatten sich übrigens vor allem auf
„Haushcilige", in Nischen von Bauernhäusern in der Umgebung
Wicns aufgestellte Figuren, verlegt. Also durchaus keine über-
ragenden Kunstschätze. Daß Kunsthändler der Polizei zur Aus-
forschung von Kunstdichcn verhelfen, ist weder eine Seltenheit
noch besonders verwunderlich. Ihnen bringt der Briefträger
periodisch eine Druckschrift ins Haus, deren Einleitung unmiß-
verständlich formuliert ist: „Vor dem Erwerbe der in diesem
Verzeichnis angeführten Gegenstände wird unter Hinweis auf
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Bedienen Sie sich das inliegenden Bestellscheine:
KOSTBARKEITEN IM WIENER KUNSTHANDEL
HL. BARBARA
Diese 87 cm hohe Figur aus Lin-
denholz der Schutzpatronin der
Knappen, Kanoniere, und vor a1-
lem gegen Blitz und Unwetter
dürft-e ursprünglich an der Außen-
wand eines Hauses, vielleicht in
einer Nische, gestanden sein. In
Darstellung und Haltung liegt
noch jener Hauch von Mystik, der
uns in gotischen Dornen ergreift.
Dle Statue stammt aus dem Kunst-
kreis Krummau, um 138i), dessen
Blüte uns in der ..Kn1mmauer Ma-
donna". der bedeutendsten Plastik
dieser Zeit überhaupt (heute im
Kunstl-iistorischcn Museum) be-
kannt ist. Die Barbara-Statue
stammt aus dem Mühlviertel aus
PrivatbesLz und Lt zum ersicnmal
im Handel.
Kunsthandlung August Siedler, Wien.
Hans Reinhnrt. 1536: Denkmünzc des Kurfürsten johann von Sachsen.
Silber, vergoldet, Originalgröße.
Gelen: 51 Crlstopb, Wien
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