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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 3)

571km. e Das Blaugrau der Wände gibt dem Raum eine Atmosphäre wohltuender Ausgeglichenheit. Der pastellfarbcne Wandanstrieh ist von 
der lichteren Deckenzone durch eine profilierte Leiste abgegrenzt. Dadurch werden Wand und Decke in ihrer Funktion betont. Diese in 
allen Zimmern gleiche Einteilung und die Abgestimmtheit der Wandfarben gibt den Räumen eine Note der Gemeinsamkeit. 7 Anstelle 
einer Deckenlampe oder eines Lusters erhält das Zimmer nur von Tische und Stehlampen. sowie durch indirekte Beleuchtung sein Licht. 
Auf diese Weise ist der Raum leiehmäßig ausgeleuditet, ohne grell und blendend zu wirken. Durch die verschiedenen Lichtquellen wird 
die lockere Gruppierung der Mö l betont und die Behaglichkeit erhöht. - Das Kanapee im Vordergrund links steht einladend vor dem 
Kamin. Der Überzug: Weiß und stumpfes Blau. Der josephinisdie Eckschrank wurde als Hausbar eingerichtet. Durch die offene Flügele 
türe sieht man in das Gastzimmer und auf eine in die Wand eingelassene Vitrine mit schönen Gläsern. Der Schreibtisch, Mahagoni mit 
Messingbesehlägen, zeigt die edlen Formen des ausgehenden Luuis XVI. und bekundet damit seine französische Herkunft. Dahinter eine 
Chiffonniere, ein hoher Schuhladkasten des Biedermeier. Die Farben des Fauteuils -- olivgrün -. der modernen Teppiche - unter dem 
Schreibtisch grau. im Vordergrund bordeauxrot - und der Yorhänge i grau mit einem roten Streifen - harmonieren durch die ihnen 
gemeinsame Gediimpftheil. 
Für den Anstrich der Wäinde wurden ausschließlich Pastellfarben 
gewählt, die wohl in jedem Zimmer verschieden, im Ton jedoch 
alle aufeinander abgestimmt sind. Ihnen entsprechen die Möbel- 
bezüge und die Vorhangstoffe, die in allen Zimmern das gleiche 
Dessin zeigen, während die Farbe je nach dem Wandanstrich 
der einzelnen Räume wechselt. - Dieser farbige Zusammen- 
sehluß der Zimmer wird durch die Einrichtung noeh unter- 
strichen. Bilder und Möbel, z. B. die Vitrine für die Gläser und 
die darunlerstehende Kommode oder das große Pferdebild über 
dem Diwan wurden so angeordnet, daß sie bei geöffneten Türen 
für alle drei Räume als anziehende und dekorative Blickpunkte 
wirksam sein können. Der Besucher gewinnt dann den Eindruck, 
nicht drei getrennte Zimmer vor sich zu haben, sondern in einem 
einzigen, sehr differenziert und lebendig gestalteten Wohnraum 
zu sein. Das konnte aber nur dadurch erreicht werden, dafl die 
Zweckbestimmung der zwei kleineren Zimmer, - Schlal- bzw. 
Gastzimmer, - nicht sofort erkennbar wird. jedes von ihnen 
ist so ausgestattet, daß es in erster Linie für ein behagliches und 
geselliges Beisammensein dienen kann. Das ist es, was die Räume 
verbindet und sie darüber hinaus zeitgemäß wirken läßt. Denn 
als Ausgleich zur Enge und zum Gedränge des Alltagslebens will 
der berufstätige Mensch von heute einen möglichst großen Teil 
des ihm zur Verfügung stehenden Raumes als seine ureigenste 
und persönliche Umwelt gestalten. S0 nämlich, daß er sich nicht 
selbst durch die alten Differenzierungen und repräsentativen 
Charakterisierungen von Salon, Schreib, Speise- und Schlaf- 
zimmer einengt, sondern soviel wie möglich Platz gewinnt, um 
in einer Atmosphäre der Ungezwungenheit und kultivierten Ge- 
plilegtheit seinen Interessen und Liehhabereien zu leben und seine 
Freunde daran teilnehmen zu lassen. W. G. 
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