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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 4 und 5)

dahin, während die langen, schlanken Husten und zierlich sich 
schlingendcn Bögen der Schrift mit den erwähnten Worten aus 
der Sure „Das Licht" darüberkomponiert sind. Das Ganze bildet 
einen breiten, mächtigen Fries, der von Medaillons mit dem 
Wappen des Schaichu unterbrochen wird. Schaichu, ein hoher 
Beamter unter dem Mamelukensultan An-Nassir-lwohammad, 
starb im Jahre 1357 n. Chr. Sein Name steht in der mächtigen 
Balkeninschrift der Henkelzone, ist aber auf der Abbildung nicht 
sichtbar. Außer den Schriftbalken enthält die Hcnkelzone noch 
Blattrnotive, die ähnlich wie bei der Barquq-Lampe den Grund 
füllen. Die Barquq-Lampe fällt zeitlich etwas später. Sie unter- 
scheidet sich im Dekor der Halszone deutlich von der Lampe 
des Schaichu, und zwar ist bei der Barquq-Lampe der Schrift- 
fries des Halses verhältnismäßig schmal, und die Arabesken dar- 
unter breit gelagert. Diese Arabeskcn sind außerdem dadurch 
eigentümlich, daß sie sich deutlich erkennbar um eine Achse 
ordnen und durch Zweiblattbögen von oben unterfangen werden. 
Das ist eine Anordnung, die sich auch auf anderen Stücken aus 
der Barquq-Zeit wiederlindet. - Sultan Barquq war ein Herr- 
scher aus der Reihe der Mameluken, der mit Unterbrechungen 
von 1382 bis 1399 regierte. Unter ihm wurde 1386 eine Moschee 
vollendet, aus der eine Anzahl Fragmente von Moscheelampen 
stammt, die nach Europa gekommen sind. Es ist möglich, 
daß auch unsere Barquq-Lampe einst in dieser Moschee gehan- 
gen ist. 
Diese Moscheelampen stammen aus der Blütezeit der mit Gold 
und Email verzierten Gläser, aus dem 14. jahrhundert nach 
Christi Geburt. Spätere Zeitläufe brachten andere Techniken 
hervor, bis das 19. jahrhunderl wieder Gefallen an der alten 
Kunst fand. Brocard in Paris stellte solche Gläser im alten 
Stil wieder her, ohne allerdings einen Betrug zu beabsichtigen. 
Daneben brachte es aber auch der auflebende Antiquitäten- 
handel mit sich, daß sich Fälscher einschaltcten, die ihre Pro- 
dukte als „alt" ausgaben. 
CARLO FONTANAS ENTWURF FÜR DAS 
LIECHTENSTEINPALAIS 
von MICHAEL PETZET 
Die Geschichte der Planung für das Liechtenstein-Palais in der 
Rossau zu Wien begann nicht erst mit dem Eingreifen Marti- 
nellis, nach dessen Entwürfen der Bau in seiner heutigen Ge- 
stalt errichtet wurde.1 Zunächst wandte sich Fürst Johann 
Adam durch Vermittlung des kaiserlichen Gesandten in Rom, 
des Grafen Martinitz an den römischen Architekten Carlo Fon- 
tana. Sein Projekt ist uns in drei ichnungen aus dem Liechten- 
steinschen Archiv erhaltenz: eine große und eine kleinere Fas- 
sung des Grundrissesa und die Ansicht der Hauptfrorit, eine sehr 
nüchterne Fassade, nach dem Wunsche des Fürsten: „Nel resto 
io non desiclero ornamenti superflui, mentre io voglio far fabri- 
care piü per necessita ehe per adornamento", - jedoch bei dem 
geschäftstüchtigen Unternehmersinn eines Fontana als einzige 
Lösung kaum glaubhaft. 
Ein bisher nicht beachteter Entwurf Fontanas im Pariser Musee 
des Arts Decoratifs' kann hier ergänzen und bereichern, han- 
delt es sich doch offensichtlich um eine der „copie preeise 
degPacclusi disegni", die Fontana von seinen Entwürfen anfer- 
tigte, um auf Verlangen des Fürsten etwaige Änderungen jederzeit 
vornehmen zu können. Wie in dem bisher bekannten Projekt 
eine Front von 15 Achsen, dieselbe Einteilung der Stockwerke 
vereint, - Seiten und Mitte zu flachen dreiachsigen Risaliten 
zusammengefaßt und über dem Mittelrisalit ein aehteckiger 
 
l Halls Tletze, „n. Martlnelli und seine Tätigkeit ln Usterrelch", Wiener Jahr- 
buch 1918119. 
1 Publ. von Tietze op. clt. mit der dazugehörigen Korrespondenz. - s auch 
Abb. ss und ss bei e. Coutlenhove-Erthiil, Fontana, Wleu 1930. 
3 Beide nur Enlgeschoß. Schon die! beweist die Unvollslindlgkel! der Liechten- 
stelnnchen Archive In dlesem Fall. 
Kuppeltambur - „wie es etwa der Kirche eines Kollegiums 
entsprochen hätte". - In der Pariser Zeichnung ist dieser 
Tambur Mitte und Ausgangspunkt einer attikaartigen Schnu- 
wand über der Dachzone, in Breite der Rücklagen der Fassade. 
Sie ist im Rhythmus der Fenstcraehsen von rundbogigen Öffnun- 
gen durchbrochen, dazwischen Wandfelder mit Nischen, die, 
- neben dem Tambur und an der Außenseite in der Vertikalen 
verdoppelt - Postamente für vier Zierobelisken bilden. - War 
in dem bisher bekannten Projekt der Uhrturm isoliert aufgesetzt, 
so gewinnt er hier als Zentrum der Schauwand eine breite 
Basis. Der Tambur ist entsprechend anders gegliedert, streng 
in zwei Zonen geteilt, die hochrechteckigen Fenster der Wiener 
Zeichnung in die Breite gewendet. Der Giebel über dem Mittel- 
risalit hat keinen Sinn mehr, ebenso wenig die starke Betonung 
der Vertikalen durch die Lisenen der Rücklagen, die in den nicht 
ganz glücklichen Voluten zu Seiten des Giebels auslaufen. - 
So gilt die Ansicht Coudenhoves, Fontana habe hier „rein aka- 
demische Motive aus seinem Formenschatz aneinander gefügt, 
ohne ihren Zusammenhang mitzufühlen" weniger für Fontana 
als für seinen Biographen. Denn, wie wir gesehen haben, ver- 
wandelt das Hinzufügen eines neuen Motivs entscheidend den 
Charakter des Baues - man beachte nur eine Kleinigkeit wie die 
verschiedene Rahmung der Uhr in den beiden Entwürfen. Der 
4 „Ainnni des Plojela Anonymes d'Architecture", Zeichnung nicht dllllell, nicht 
signiert. 
5 Brlel reninnni an Mnrtinitz vom 4. Dez. 1696, Tletze np. all. 
i Culldelilmve-Erthial op. cit. vergl. den uininnn in Borrnmlnlii Olutorlu (ll 
s. Philipps Nerl. - Fontuna in eeineni Brief: „H0 dlspoato Pedlllelo tzglllulu 
ullia neninne, per uecrescergll mugnlflcenza." 
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