Abb. 1. Anton Raphael hlcngs (Jhxssig 172" - 1779 Rom), Porlrlil dcs Mnlrrs Anton Ahron und sclncr Gattin,
Aquarcllmininturcn auf Elfcnbcin. jc 8.3 - 7 um.
ANTON RAPHAEL MENGS, EIN MEISTER DER MINIATUR
ZWEI INEDIERTE BILDNISMINIATUREN DES EHEPAARIZS MARON von lllLDE GROGER
A. R. Mengs entstammte einer Künstlerfamilie. In Aussig 1723
geboren, wurde er von seinem Vater dem Miniatur- und Email-
male-r Ismael Mengs unter großen Härten, wie uns berichte!
wird, gleichfalls zum Maler herangebildet. .Sch0n in jungen
jahrcn genoß er hohe Ehren. Mit 17 Jahren wird er in Dresden
zum Hofmaler August II. ernannt und bezieht ein Gehalt von
1.000 'f'alern. 1741 zieht Ismael Mengs mit seinem Sohne Ra-
phael (der Name war als Anspielung auf das große Vorbild der
italienischen Hochrenaissance Raffaello Santi mit Bedacht vom
Vater gewählt worden) und seinen beiden Schwestern juliane
Charlotte und Theresa Concordia, die sich beide als Pastell-
malerinnen betätigten, nach Rom. Es scheint kein Zufall zu
sein, daß noch ein weiterer berühmter Porträtmaler Eingang in
die Familie gefunden hatte, nämlich Anton von Maron, der sich
in Rom 1765 mit der Schwester Mengs, Theresa Concordia ver-
mählte. llr war Schüler des Mengs in Rom, arbeitete dann einige
Jahre in Wien, wo er von Maria Theresia geadelt wurde. 1773
wurde er Professor der San Luca Akademie in Rom.
Mengs, der in der Nachahmung der Antike, in dem Streben nach
Ausgeglichenheit und Schönheit großer Kompositionen sein
Bestes zu gehen glaubte, wird heute weit mehr als der große
Meister des Porträts geschätzt. Ähnlich ergeht es srinem großen
Zeitgenossen Heinrich Friedrich Füger, der heute als einer der
größten Proträtisten gefeiert wird, während seine historischen
Bilder geringere Beachtung finden. Auch bei Raphael Mengs
sind es nicht die mythologischen Vorwürfe und großen religiösen
Gemälde, die seine Wertschätzung ausmachen, sondern die Por-
tr' s, die er geschaffen hat. Er war der große Meister des
höfischen Repräsentationsporträts wie auch des Pastell- und
Miniaturbildnisses.
In den vorliegenden Miniaturen hat Mengs einzigartige Bei-
spielc seiner Kunst hinterlassen. Anton Maron im Dreiviertel-
profil nach rechts in grünem Rock mit ausgeschlagenern roten
Halstuch und Zopfperücke hält in der Rechten die Malpinsel.
Sein Blick ist auf den Beschauer gerichtet. Theresa Maron ist in
einen dunkelblauen, pelzverbrämten Mantel gehüllt. Den Hals-
ausschnitt umschließt ein weicher, weißer Schal. Eine rosa
Schleife im Haar verleiht der vornehmen Erscheinung der Künst-
lerin eine liebliche Note. Ihre klugen, durch Beobachtung ge-
schärften Augen ruhen auf dem Beschauer. Das Inkarnat auf
dem Bildnis des Mannes etwas kräftiger und dunkler, ist bei ihr
in zarten rosa Tönen gegeben, ein weicher Schimmer umspielt
das Gesicht. Hier, auf dem Gebiet der Miniaturmalerei, wo
Anton Raphael Mengs frei von Zwang und Vorlage arbeiten
konnte, gab er sein persönlichstes Künstlcrtum wider. Geradu
in diesen beiden Bildnissen verrät sich der Meister des großen
Porträts. Mengs zeigt sich hier als Idealist und Realist zugleich.
Vor allem bei dem Bildnis seiner Gattin wird durch den leben-
digen tiefen Ausdruck der Augen und durch die grandiose stoff-
liche Behandlung der Kleidung der Erscheinung der nicht mehr
jungen Frau Eleganz und Schönheit verliehen. Es ist die ausge-
zeichnete C . ikterisierungskunst eines großen Meisters, der
auch aus kleinem Format, wie dem einer Miniatur, zu uns zu
sprechen versteht.
Auf der Rückseite der beiden Miniaturrzthmen findet sich eine
alte, zeitgenössische Aufschrift in italienischer Sprache: „Ri-
tratto di Antonio Marone, Cognato di Raffacle Mengs - da
Mengs lo Stcsso" (Bildnis des Anton Maron, Schwager des Ra-
phael Mengs, von Mengs selbst) und auf dem Bildnis dcr Gattin:
„Ritratlo della Sorella di R. Mengs, Moglie di Ant. Marone -
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