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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 4 und 5)

HAUSGERÄTE 
AUS 
JENAER 
GLAS 
Kultivierten Zeiten war liines selbstverständlich: Alle Dinge 
und Geräte des täglichen Gebrauches aus dem Geiste der ljin- 
faehheit, Zweekmässigkeit und Natürlichkeit zu gestalten. Walter 
Dexel hat in seinem schönen Buch „Hausgeriit, das nicht ver- 
altet" hiefür viele Beispiele aus den künstlerisch schöpferischen 
Zeiten der Vergangenheit beigebracht. Erst die zweite Hälfte des 
 
Abb. 1. Tceserviee aus feuerfestem Glas. 
19. jahrhunderts hat mit dem Einbruch der Mechanisierung 
und Industrialisierung vielfach das (jegenteil zur Folge ge- 
habt. Die Möglichkeit, mit Hilfe der technischen Errungen- 
schaften willkürlich zusammengesetzte Formen zu einem das 
Auge blendenden Mischmasch zu formieren, verführte zu ljr- 
zeugnissen, die nichts mehr mit dem echten alten Handwerks- 
 
Kaffeemaschinen in verschiedenen Größen aus 
feuerfestem Glas. 
Abb. 3. 
geist gemein hatten. Solche Monstrositätcn und den Prunk imi- 
ticrcnden Industrieformen, offenbarten nur zu deutlich den for- 
malen Widersinn der Gründerzeit. Aber schon die jahrhundert- 
wende reagierte heftig auf die Hällliehkeit dieser industriellen 
[Erzeugnisse und versuchte die Probleme einer industriellen 
liormgebung im Geiste des alten Handwerkes anzugehen. 
Gegenwärtig, bei dem hoehentwiekelten Stand der industriellen 
Gcräteproduktion, kommt allen damit im Zusammenhang ste- 
henden Fragen der Formgebung allergrößte Bedeutung zu. Die 
alle Lebensbereiche überflutenden Industrieerzeugnisse verlangen 
nach einer liormgebung, die über den Weg der Serienproduktion 
schließlich zum gleichen Resultat wie die handwerklich er- 
zeugten Geräte führen muß. Soll nicht der letzte Rest von Ur- 
banität und Geschmack aus dem Leben der Gegenwart ver- 
schwinden und alles ästhetische Vermögen verkümmern, ist es 
notwendig, daß im Hausgeriit nicht nur die künstlerische Indi- 
 
aus feuerlestem Glas. 
Schüsseln 
vidualitat des liormgestalters sich auslebt, sondern gleicherweise 
die Materialmögliehkeiten zur Wirkung und die Eigenart des 
zu gestaltenden Objektes zur Geltung kommen. 
Alle diese Bedingungen für die Gestaltung guter Industrie-fer- 
men scheinen uns in den Hausgeräten der jenaer Glaswerke, 
Schott und (Jenossen, Mainz verwirklicht zu sein. Alle Geriite 
sind solche Industrieformen, d. h. Serienprodukte, die von dem 
feuerfesten Glasmaterial, seinen vielfachen Verwendungsmöglich- 
keiten und von dem Zweck und Wesen des Gegenstandes be- 
stimmt sind. Die Formen stellen Prototypen dar, die in vieler. 
Jahren entwickelt wurden und die auf einen wohldurchdachten 
und der Serienerzeugung Rechnung tragenden Entwurf zurück- 
gehen. Die sich so als ein wissensehaftlich-technisehes Ender- 
gebnis darstellenden Industrieformen verwirklichen somit wie- 
der jene selbstverständlichen Gestaltungsprinzipien alten Hand- 
werksgutes: Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Natürlichkeit. 
W. E. M. 
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