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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 4 und 5)

MASS, GESTALT UND AUSDRUCK IN STEIN 
zu FRLTZ WOTRLJBAS 50. GEBL,R'I'S'I'A(I 
von JORG LAMPE 
Fritz Wotruba, der am 23. April sein 50. Lebensjahr vollendete, 
ist eine viel zu klare und vitale Persönliehk-it, eine zu gesunde 
und lebensnahe bildnerische und künstlerische Potenz, als dail 
er auf irgendwelche gedankenblasse Theoreme festzulegen wäre. 
Seine ungeschwätzige und gestenlose, aber darum nicht weniger 
reiche Einfachheit der Haltung, des Fühlens, Denkens und Tuns 
Maß, Gestalt und Ausdruck für Sein, Erleiden und Bereitschaft 
des Menschen zielt. Da wird nicht eine „äußere" Realität ins 
„Idcztl-Schöne" transportiert, sondern vielmehr von ihrem We- 
sen her zu ihrer Bedeutung und deren plastischem Gleichnis 
durchgehildet, sodaß Gehalt, Inhalt und Form ein unaullösliehes 
Ganzes werden. 
Österreichs prominentester Bildhauer, Fritz 
tißotruba, wurde 1907 in lWien geboren. Nach 
der Pflirbisclazile absolvierte er die prakti- 
srhe Lehre als Graueur und verdiente sich 
dann als Äletallarbeiter die Mittel für seine 
künstlerische Ausbildung. Seine starke Be- 
gabung gewann ihm das erste Stipendium 
der Arlreiterlaammer. Zwei ]abre war er 
Schüler bei Professor Hanak. ll-"Olflllßtl! Na- 
me ist heute in der ganzen Kunstwelt be- 
kannt, und zahlreiche Ausstellungen in Paris, 
Venedig, lnndon. Zürich haben ihn auch 
einem weiten Fulrlikumskreis zum Begriff ge- 
macht. Eine Ausstellung seiner Werke, die 
derzeit in den USA gezeigt wird, ist die um- 
tangreichste. die nach dem Krieg nach ("her- 
see gebracht wurde. Anschließend wird sie 
in San Francisco zu sehen sein. In Paris. 
Jilzandinavien und Holland werden in dieser 
Saison die llVerke llßutruhas den Mittelpunkt 
weiterer Ausstellungen bilden. In Holland 
wird die Kollektion im Freien gezeigt und 
zum erstemnal auch die „Große Liegende". 
die vor dem Museum der Stadt Wien am 
Karlsplatz aufgestellt werden soll. 
 
ist gleich rmaik-n für ihn alx Mcnsuh u d kumtlv. h slimmtnd. 
S0 abcr hat es auch Schon sCin frühcn nmnnlichur 'l'0rso von 
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Zur Zeit dieses Torsos nun und selbst während Wotrubas 
Schweizer Emigration, ließ sich ein solches Gleichnis noch 
durch eine gewisse formale Straffung und Archaisierung der 
Figur erreichen. Doeh schon die „Stürzende" von 1944, die 
„Weibliche Kathedrale" von 1946, die „Verhüllte" von 1947 
zeigen deutliche Erschütterungen in Wotrubas eigenem thema- 
tischen Grunderlebnis an. Der Seins-, Erleidungs- und Bereit- 
schaftszustand des Menschen füllt sich für ihn in den Kata- 
strophenjahren mit einer Dramatik, die die Figur zu sprengen 
droht und nun einen besonderen Grad von Abstraktion er- 
zwingt. 
In der großen weiblichen Figur („Roc feminin") von 1947 dem- 
nach, im „Denker" von 1948, in der „Sitzenden Figur" von 1949 
oder im „Hockenden" von 1950 kündigt sich das Formstadium 
Abb. 1. „Liegende", Konglomerat, 1953 
Nach der „Liegenden" im gleichen Material von 1951 stellt diese Figur 
bereits die Überwindung der Schwere und des Stoffes dar. Allein schon 
die sich vom Hals und Kopf der Figur zum rechten Knie spannende 
Kurve verleiht der Gesamtgestalt eine schwebende Anmut, die durch die 
graphischen Einzeichnungen in die Körperlliiche noch unterstrichen und 
gesteigert wird.
	        
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