durchgebildeten Waffenrüstung. Sockel und Deckel aus rotem
Marmor, in ihren Seitenflächen sind schwarze Marmorplatten
eingelassen und weißmarmorne Engelmasken und Wappcnkar-
tuschcn aufgesetzt. Der leicht vorgewölbte Körper des Kcno-
taphs selbst besteht aus rotmarmornen flachen Pilctstern, zwi-
schen denen neun Basreliefs mit Szenen aus der Lcidensgcschichtc
jesu eingelassen sind; die vier Ecken betonen Halbkaryathiden
aus weißem Marmor, auf deren Nacken der Deckel aufzuliegen
scheint. Am Kopf- und Fußende des Herrscherpaarcs halten je
zwei Putten, Porträts der Kinder, das Habsburger- und XVittcls-
bacherwappcn in reichen Kartuschen. Die Sockclplattc ist nahe-
zu unsichtbar. Dadurch scheinen die an den vier Ecken kniccnden
Engelsgestalten - die schönsten Plastiken des Mausoleums -
das imposante Werk, das Carlonc 1591 vollendete, wirklich zu
tragen.
Symbolhaft erscheint die Gesamtidec des Grabdenkmales in den
vier knicenden Engeln, die bewegt aufhorchen, die Posaunen-
stöße des Letzten Gerichtes erwartend, um die Grabplattcn zur
Auferstehung zu heben, deren Karl II. mit sechs seiner Kinder
und zwei seiner Enkelkinder, Kinder Kaiser Ferdinand Il., in der
Gruft harren. Dem Besucher wird durch einen Blick durch das
Mausoleum zurück in dcn Dom ein seltenes Kunstcrlcbnis ge-
schenkt: wohl das Schönste, was an Gegensatz der Dom im Gc-
birge aufweist: Schwelle über der Zeit nach allem Gleichmaß der
Dinge, Schwelle über den Tod, der das Geheimnis cntband.
Im Vergleich zur übrigen Pormcnfülle ist der Altar, signiert
1598, schlicht. Um so reicher ist die breite Stukkatur, die das
Altarbild umrahmt - im oberen Bogcnfcld musizierende Engel,
seitlich die Apostclftlrsten Petrus und Paulus. Der Mantuaner
Theodoro Ghisi (1536-1601), den der Erzherzog Karl von seiner
Schwester Eleonora Gonzaga, Markgriifin von Mantua, erbat,
gab der Kapelle in zahlreichen Gemälden eine effektvolle, bunte
Gesamtwirkung. Das Altarbild zeigt Christus in seiner Verklä-
"rung auf Tabor mit den Licblingsapostcln: Petrus, jakobus und
Johannes, neben Christus erscheinen Moses und Elias. An den
vier schmalen Pfeilern sind in Lehcnsgröße die vier Evangelisten
in Öl dargestellt, sie gelten als die besten Arbeiten des Künstlers
in Steiermark, prächtige Gestalten voll Leben und Bewegung,
elegant in den „sprcchenden" Händen; in ihrem Ernste erinnern
sie an die Apostelbilder von Dürer, während das Altarbild nicht
ohne Anklänge an Raffaels Transfiguration ist.
An der breiten Wand zwischen den beiden Fenstern über dem
Kenotaph hielt der Künstler ein großes, figurenreiches Familien-
gcmälde fest mit dem Thema: „Lassct die Kleinen zu mir kom-
men", wohl in Anspielung an den frühen Tod der meisten Kinder
Karls II. Der Maler porträtierte sämtliche liamilienmitglieder auf
diesem Bilde, ja, auch andere Zeitgenossen wie Kaiser Rudolf Il.
und Erzherzog Matthias, in „Christus" soll sich Ghisi selbst ver-
ewigt haben. Außer diesen großen Olbildern, die 1939 restauriert
wurden, sind in runden Medaillons zwischen reichem Stuck
schwebende Engel festgehalten, die verschiedene Leidenswerk-
zeuge, die „arma Christi", tragen. Einer rcieht die Glorienkrone
herab, den Grundgedanken des Mausoleums andcutend: Per as-
pera ad astra - durch Leiden zur Verklärung! den Abschluß
der malerischen Dekoration nach oben bilden die acht Flächen
der beiden Kreuzgewölbe, die von vier bzw. sechs Engeln in den
Ecken getragen werden - die Gotik versucht hier noch einmal
durchzubrechcn, sie muß aber der meisterhaften Hand des Künst-
lers in reichen liestons, liarbe, Stuck und Plastik weichen. Auf
feinem Kreidegrund, aufgetragen auf eine Stuckoschicht, hat
laut Inschrift im Gewölbe des östlichen joches die Deckcnbilder
Theodoro Ghisi 1588 vollendet. Im Mittelfeld schwebt Gott-
Vatcr, in den vier Kappen musizierende und jubilierende Engel
in lebhaften Bewegungen, während im Gewölbe des westlichen
Joches die Himmelfahrt Mariens gefeiert wird und in den vier
auslaufenden Seitenfeldern die Apostel, je drei liigurcn zusam-
men, die Glorie Mariens bewundern. Bringen die kleinen Seiten-
medaillons, beginnend an der rechten Seitenwand, Szcncn aus
4
Abb. 4. Blick auf die reich mit Stukkatur versehene Decke von
Theodor Ghisi.
dem Leben Mariens, so entsprechen auf der anderen Seitenwand
solche aus dem Lebcn des Heilandcs. ln der Bildkomposition, ins-
besondere in den Vcrkürzungen, Überschneidungen und Darun-
tersichten, sowie in der Maltcchnik der Engeltypen erinnert Ghisi
stark an Correggio: Manierismus im Kolorit.
Der reiche und prunkvolle Eindruck des Raumes entstand aber
erst durch Carlones Schrankcnztrchitektur, die in einzelnen Zü-
gen nicht mehr der damaligen streng italienischen Tradition ent-
spricht und barocke Erscheinungen aufweist. Der Künstler er-
richtete in der Sockclzone eine durchhrochene Mamorschrankc,
deren Pfosten einer Ordnung korinthisicrender Pilaster darüber
entsprechen, die ein dreifaches Gebälk tragen. Zwischen den 23
weißen Marmorpilastcrn, reich geziert mit zarten Reliefs alle-
gorischer und religiöser Darstellungen und lnkrustationcn aus
einheimischem schwarzem und farbigem Marmor (Berg Otu-
ehowa und Latschach in der Gegend des Faakersces, Kärnten),
sind je drei kandelaberartige Balustcr aus vergoldeter Bronze (in
Radmcr gegossen!) angeordnet. Der Frics des Gebälkcs ist mit
gleichfalls vergoldetcm, sehmiedceisernem Rankcnwcrk ausge-
setzt. jede der beiden Schrankenwiinde findet in einer gleich-
falls durchbrochenem Attika aus Stuck ihren Abschluß. Der freie
Raum unter dem Bogen ist durch einen abwechslungsreichen
Aufbau von musizierenden Engeln ausgefüllt, wenngleich un-
regelmäßig behandelt. Auf der rechten Seite ist das obere Bronze-
gitter niedriger, die Engelsfiguren dafür bedeutend größer. Zu-
dem ist ein Doppelporträt angebracht: das Karl lI. nach der
Chorseite, nach innen das seiner Gemahlin Maria v. Bayern.
Die Gesamtwirkung der Außenseite der Mausolcumswand kommt
leider heute durch das im romanischen Stil gehaltene Chorge-
stühl mit hoher Rückwand von fast 31,5 Meter Höhe nicht voll
zur Geltung. Der Wandschmuck wirkt stark theatralisch-barock.
Auf den drei Kapitellcn der Säulen stehen rechts und links die