ATTRIBUT DES GLANZES UND DER WÜRDE
ZUR PORZELLANSAMMLUNG DES HAUSES SCHWARZENBERG
Von IGNAZ SCHLOSSER
Große Vitrine mit ostasiatisehem Porzellan des 17. bis
18. jh. In der mittleren Etage frühes Wiener Porzellan.
Nichts bringt so sehr die Vergänglichkeit aller Dinge zu Bewußt-
sein wie die Dezimierung der Porzellanbestände selbst fürstlicher
Haushalte. Aber manch Interessantes ist dann doch noch der
Unzulänglichkeit menschlicher Hände oder einem anderen un-
freundlichen Schicksal entgangen. Aus der Privatmanufaktur Du
Paquiers gibt es eine Deckeldose mit Hunden auf dem Deckel, die
Dose steht auf acht kleinen Füllen und hat Tiermasken als Griffe;
die Kanten der Dose sind sphärisch eingezogen, und als Berna-
lung trägt sie bunte chinesische Blumen. Sicherlich ein recht
frühes Produkt der jungen Porzellanmanufaktur, von einer ruh-
renden Unbeholfenheit. Etwas später anzusetzen ist die Tisch-
glocke, die mit bunten deutschen Blumen bemalt ist und deren
Griff von einer Schlange gebildet wird mit einem ergötzlich aus-
sehenden Kopf.
Bei der Porzellanplastik aus den ersten Dezennien der zweiten
Hälfte des 18, Jahrhunderts überwiegen in der Produktion .der
Wiener Porzellanmanufaklur die zivilen Themen weitaus die
militärischen, und dieses Verhältnis bleibt auch hier gewahrt. Es
gibt eine ganze Reihe sogenannter Baumgruppen - ein Lieb-
lingsthema der Wiener Manufaktur -, unter einem Baum mit
reichern Laub gruppieren sich Kinder oder Erwachsene, rastend,
erntend, Schafe hütend oder nach der Gartenarbeit. Das zweite
beliebte Thema, die Kaufgruppen - charakteristische Wiener
Volkstypen -, ist gleichfalls vertreten. Den militärischen Sek-
tor bestreitet eine allegorisehe Gruppe, die den Kriegsruhm ver-
herrlicht; und am reizcndsten von allen die beiden Gcgcnstückc:
Offizier und Trommelbub vor dem Zelt, streng und sparsam in
der Bemalung, bildet das Weiß von Uniform und Zelt den Haupt-
ton; dagegen schwelgt die Gruppe der Marketenderin in den zar-
testen Farbtönen dieser Zeit.
Einen Bindestrich zu Ostasien hinüber bilden die beiden großen
Hausmalerschüsseln. Es sind chinesische Porzellanschüsscln mit
einem sparsamen Dekor der grünen Familie, der sich auf den
Rand der Schüssel und auf wenige langgcstrcckte Zweige auf der
Rückseite beschränkt; im Fond der Schüsseln sind in Untergla-
surblau einige Glückssymbolc angebracht.
Der verhältnismäßig große leere Raum auf den Schüsseln bildete
für den Hausmalei- einen willkommenen Anreiz für eine zusätz-
liche Bemalung. Als Hausmaler werden jene Leute bezeichnet,
die keiner Fayence- oder Porzellanmanufziktur angehörtcn. Den
Fond der Schüsseln rund um die koballhlauen Glückssymbole
füllte er mit Chinoiserien in Eisenrot, den noch freiblcibenden
Streifen gegen den Rand zu teilte er in vier Teile und malte
zwischen langgestreckte Felder mit chinesisch anmutenden Ar-
chitckturveduten große Chinesen und Drachen in Schwarm-et
und Gold. Der Verfertiger dieser Arbeiten ist wohl in Wien zu
suchen, er unterscheidet sich von manchem andern Hausmaler
dadurch, daß er scin hohes Können anonym ausübte.