Glanz der Steigbügel und Zaumzeuge, jede Sattelform, 0b Herren-
oder Damensattel und deren polierte, gcdrechselte Gestelle sind
. genauest festgehalten.
Welche Bedeutung mullte damals dem Reitsport zugemessen
worden sein, daß diesem Raum eine derart prächtige Ausstattung
gegeben wurde und er dann zum Anlaß für einen malerischen
Auftrag werden konnte! Dieser Aufwand wird verständlich, wenn
wir bedenken, daß Reiten und jagen seit jeher zu den Kennzei-
chen und Vorrechten des Herrenstandes gehört hatten. Freilich,
die ständische Ordnung war im Begriff zusammenzubrechen. Mit
ihr Schwanden auch die alten Privilegien und Auszeichnungen
und verloren ihre Gültigkeit. Was aber nach wie vor weiterbe-
stand, das waren die großen Besitzungen mit ihren Ländereien
und wildreichen Wäldern. Sie gaben die wirtschaftliche Basis
und boten die Voraussetzung, die einstmals herrschaftlichen,
repräsentativen Privilegien nicht aufgeben zu müssen, sondern
gewandelt, als im neuen Sinne „herrschaftlichäl, und leiden-
schaftlich ausgeübte „neufeudale" Liebhabereien beibehalten zu
können. Aus dieser neuen Sinngebung alter Vorrechte erklärt
sich also der Aufwand, der hier getrieben wurde.
jahrhundertealte Überlieferungen und Vorstellungen von Rüst-
und Waffenkammern aus feudaler Zeit, spielten hier mit und fan-
den in Erinnerung an die große historische Vergangenheit eine
romantisch gefärbte Weiterführung. Dabei kommt allerdings be-
sonders klar zum Ausdruck, wie sehr sich die Akzente verscho-
ben und die Zeiten geändert hatten. Waren einst die Rüst- und
Waffenkammern Dokumentationen der obrigkeitlichen Gewalt
und ihrer Maehtmittel, so dienten die luxuriös ausgestatteten
Sattelkammern nur mehr dem privaten Vergnügen, der Liebha-
berei des noblen Herrensports englischer Prägung.
Wir haben gehört, dail Fürst Johann Adolf sich in England auf-
gehalten hat und die dortigen Anregungen von nachhaltigem
Einfluß auf sein späteres Wirken waren. Es lag nahe, daß die
Lebensführung jener Gesellschaftsschicht, der es gelungen war,
sowohl politisch, als auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein und
auf dieser Basis großen Reichtum oder Einfluß zu erwerben,
für die Länder am Kontinent vorbildlich wurde. In England hatte
man es verstanden, neben der beruflichen Tätigkeit mit Hingabe
und Begeisterung die Freuden und Annehmlichkeiten des Land-
lebens zu genießen, und dafür überzeugende Lebensformen zu
finden. Gerade das Landleben, in den von weiten Parks umge-
benen Schlössern, erschien nachahmenswert. Es war also ver-
ständlich, daß Fürst johann Adolf sich auch auf diesem Gebiet
nach dem englischen Vorbild richtete. Und tatsächlich, als er
dern Beispiel seiner Vorfahren folgend sich als Bauherr betätigte,
ließ er sich dabei von der Erinnerung an die Großartigkeit und
Herrschaftlichkeit der englischen Schlösser leiten. Sein Lebens-
werk in dieser Beziehung ist der Umbau des jagdschlosses
Frauenberg bei Budweis, das in Anlehnung an die englische Son-
derform der späten Gotik, dem Tudorstil, errichtet wurde. Die
Ausführung des Schloßbaues lag in denHänden des Wiener Archi-
tekten Franz Beer und beanspruchte eine Bauzeit von 30 Jahren,
von 1840 bis 1870. Vermutlich um die gleiche Zeit und von der
gleichen Hand, wurden auch die barocken Stallungen des Wiener
Gartenpalastes zum Teil im englischen Stil umgestaltet, wie es
Rudolf von Alts Aquarell der Sattelkammer zeigt.
Knpellc im Westflüvel des PAY IXquarL-H von Rudolf von Alt. 1851. Div:
völlig zur l ist, wxrd erst in drn mmendcn Jahren restauriert werden.
34