SIGMUND VON TIROL, DER GROSSE MÄZEN DES 15. JAHRHUNDER
VON
ERICH I
Das 15. Jahrhundert war das Jahrhundert der Städte. Die Kunst
fand ihre großen Aufträge in den Stadtkirchen und Bürgerhäu-
sern, denn die Bürgerschaft itcrgab mit großer Begeisterung die
Aufträge und verfügte über das ausreichende Kapital zu deren
Verwirklichung. Sie trat in die Fußstapfen des Adels, der im
14. Jahrhundert die Kunst getragen hatte. In Tirol war im
15. jahrhundert das Bürgertum zu größtem Wohlstand empor-
gestiegen, als der reiche Silber- und Kupfcrbcrgbau in Schwaz
und anderwiirts Gelegenheit zu Riesengewinncn bot. Dcr über
die Tiroler Passe führende Transithandel zwischen den ober-
deutschcn Hztndelsherren und den italienischen Wirtschaftszen-
tralen hatte auch den Bauern und kleinen Leuten an der Straße
Sehaustück Erzherzog Sigmunds aus der Haller
Münzstiitte, von Rcichart Weidenpusch 1453.
gute Zeiten gebracht, so daß überall neue Kirchcnbauten cr-
standen. Der Adel wollte in seinen Burgen, vor allem im Wein-
land an der Etsch, nicht zurückstehen. Die Landesfürsten, seit
1363 aus dem Hause Habsburg, hatten sich bisher um die Festi-
gung ihrer Hcrrschaft gegenüber Adel und Geistlichkeit bc-
mühen müsscn, und erst durch Herzog Friedrich IV. um H20
ihre unbestrittene Stellung durchsetzen können. Sie waren als
Träger künstlerischer Bestrebungen kaum in Erscheinung ge-
treten.
Dics wurde mit einem Schlag anders, als 144-6 der Sohn Fried-
richs, Herzog Sigmund, später der Münzrcichc genannt, die Re-
gierung des Landes Tirol und der mit ihm verbundenen Vorland:
in Schwaben übernahm. Von allen freudig begrüßt, ein schöner
Mann mit riesigen Körpcrkraften, leutselig, friedfcrtig und der
holden Weiblichkeit sehr zugetan, war cr ein Fürst nach dem
Herzen scincs wohlhabend gewordenen Volkes. Er wurde kein
berühmter Herrscher, der im Kricg Eroberungen suchte, sondern
ein geschickter Diplomat, der seinen Vorteil wohl zu wahren
wußte und durch eine prunkvolle Hofhaltung den Rang seines
Landes dokumentierte, Dies kostete zwar viel Geld und brachte
große Schuldenwirtschaft, aber Kriege wären auch nicht bil-
liger gewesen. Geselligkeit, rauschende Feste, eine glänzende
Hofhaltung wtren die Ideale des leichtlebigen Optimisten Sig-
mund. Ihm zur Seite stand seine hochgcbildetc und schriftstel-
lerisch begabte (iiemahlin Elconora, Tochter des Königs von
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Schottland, und nach deren Tod (1480) die junge sächsi
Prinzessin Katharina. Sigmunds Streben nach einer glanzvt
Hofhaltung führte von selbst zur Entfaltung der künstlcrisi
Kräfte. So wurde der Innsbrucker Hof auch künstlerisch
Sehenswürdigkeit in Europa. .
Gelehrte und Künstler, Scharlatane und Alchimisten, A
teurer und Gaukler sammelten sich an diesem Hof und
deten den bunten Hintergrund dieser prunkvollen Hofhalt
die nach Sigmunds Neigung den italienischen Fürstcnhöfen r
nachstchcn sollte. Echte mittelalterliche Frömmigkeit, die
aber nicht hinderte, über 40 außcreheliche Kinder zu zeu
Freude am kostbaren Geschmeide und Sorge um ein ruhmvi
Gedenken ließenihm mit sicherem Instinkt neben den Seht
tanen und Schmeichlern auch echte Künstler an seinen
ziehen. Die Frömmigkeit hieß ihn die damals blühenden V
fahrtcn fördern. Die prächtigen spätgotischen Kirchen in
deck und Secfcld sind Zeugen dafür. Besonders die Kirch
Seefeld, deren Umbau schon sein Vater um 1425 begonnen h
licli er durch seinen llofwerkmcister Hans Rcichartingcr mit
Pracht vollenden. Ein Rippcnnetz, das einem Dorncngcfl
ähnelt, überzieht das 1466 vollendete Gewölbe des Langha
cin Prachtportal, das schönste des Landes, wurde 1472 erric
das durch die Schilde Österreich und Schottland mit dem I
enstutz an den Stifter und seine Gattin erinnert. Oft ging
Planen weit über die Wirklichkeit hinaus, wie bei der Wallfal
kirche von Kaltenbrunn im Kauner Hochtal, wo eine Basilik;
7 Priester erstehen sollte, aber nur ein bescheidener Cho
vollbracht werden konnte.
Für den allen Habsburgern am Herzen liegenden Nachr
wollte auch Sigmund ausgiebig sorgen. Er kam dabei auf
originelle Idee, seinen Lustschlössern und Burgen den Na
Sigmund zu verleihen. So erstanden im Fernsteinsee Sigmu
berg, das heute noch als Ruine von großem Reiz ist, am 1
minger Plateau Sigmundsfrcud, hci Schwaz Sigmundslust
Oberinntal der Turm von Sigmundsfricd und bei der Zoll
Finstermünz der Ansitz Sigmundseck Sogar die mächtige
stung Firmian am Zusammenfluß von Eis ck und Etsch wurt
Sigmundskron umgetauft. Die meisten dieser Sigmundssehli
dienten dem geselligen Vergnügen, aber nicht sosehr der
seinem Nachfolger Maximilian geliebten jagd, als dem Fi
fang. der Sigmunds Leidenschaft war und zur Anlage zah
eher künstlicher Seen führte.
Um 1470 bestellte Sigmund einen neuen Hofwerkmeister,
Schwaben Nikolaus Türing, der der lnnsbrucker Hofkunst c
hohen Rang erwerben konnte. Er war vor allem Steinbildh.
und mcißelte die dem Gedenken der Nachwelt gewidmeten V
pensteine am Münzertor in llall und den Gedenkstein an
damaligen Hofburg (dem jetzigen Haus des Goldenen Dachl
Innsbruck, der zur Erinnerung an die Hochzeit des 1477
dem Titel eines Erzhcrzogs ausgezeichneten Landesfürsten
der zweiten Gemahlin Katharina von Sachsen (1489) erric
wurde. Türings Nlcisterwerk, das Goldene Dachl, das die gle
Idee des Hochzeitsdenkmals wiederholte, wurde erst unter K:
Maximilian erbaut. Neben der lnnsbruckcr Residenz baute
mund das Fürstenhaus in Meran aus, dessen Räume noch ui
rührt erhalten sind.
Das Schwergewicht des Kunstinteresses Erzherzog Sigmunds
nicht in der Bautätigkeit, sondern bei den schmückenden Küns
Seine Hofmaler jobst Wcningcr und Ludwig Konraiter SChl
die Fresken der Lustschlösser, wie solche im Schloß Freu:
berg bei Schwaz noch erhalten sind, Fresken in Kirchen, I
nisse ihres fürstlichen Herrn (jetzt im Kunsthistorischen Mus.