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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 9 und 10)

SIGMUND VON TIROL, DER GROSSE MÄZEN DES 15. JAHRHUNDER 
VON 
ERICH I 
Das 15. Jahrhundert war das Jahrhundert der Städte. Die Kunst 
fand ihre großen Aufträge in den Stadtkirchen und Bürgerhäu- 
sern, denn die Bürgerschaft itcrgab mit großer Begeisterung die 
Aufträge und verfügte über das ausreichende Kapital zu deren 
Verwirklichung. Sie trat in die Fußstapfen des Adels, der im 
14. Jahrhundert die Kunst getragen hatte. In Tirol war im 
15. jahrhundert das Bürgertum zu größtem Wohlstand empor- 
gestiegen, als der reiche Silber- und Kupfcrbcrgbau in Schwaz 
und anderwiirts Gelegenheit zu Riesengewinncn bot. Dcr über 
die Tiroler Passe führende Transithandel zwischen den ober- 
deutschcn Hztndelsherren und den italienischen Wirtschaftszen- 
tralen hatte auch den Bauern und kleinen Leuten an der Straße 
 
Sehaustück Erzherzog Sigmunds aus der Haller 
Münzstiitte, von Rcichart Weidenpusch 1453. 
gute Zeiten gebracht, so daß überall neue Kirchcnbauten cr- 
standen. Der Adel wollte in seinen Burgen, vor allem im Wein- 
land an der Etsch, nicht zurückstehen. Die Landesfürsten, seit 
1363 aus dem Hause Habsburg, hatten sich bisher um die Festi- 
gung ihrer Hcrrschaft gegenüber Adel und Geistlichkeit bc- 
mühen müsscn, und erst durch Herzog Friedrich IV. um H20 
ihre unbestrittene Stellung durchsetzen können. Sie waren als 
Träger künstlerischer Bestrebungen kaum in Erscheinung ge- 
treten. 
Dics wurde mit einem Schlag anders, als 144-6 der Sohn Fried- 
richs, Herzog Sigmund, später der Münzrcichc genannt, die Re- 
gierung des Landes Tirol und der mit ihm verbundenen Vorland: 
in Schwaben übernahm. Von allen freudig begrüßt, ein schöner 
Mann mit riesigen Körpcrkraften, leutselig, friedfcrtig und der 
holden Weiblichkeit sehr zugetan, war cr ein Fürst nach dem 
Herzen scincs wohlhabend gewordenen Volkes. Er wurde kein 
berühmter Herrscher, der im Kricg Eroberungen suchte, sondern 
ein geschickter Diplomat, der seinen Vorteil wohl zu wahren 
wußte und durch eine prunkvolle Hofhaltung den Rang seines 
Landes dokumentierte, Dies kostete zwar viel Geld und brachte 
große Schuldenwirtschaft, aber Kriege wären auch nicht bil- 
liger gewesen. Geselligkeit, rauschende Feste, eine glänzende 
Hofhaltung wtren die Ideale des leichtlebigen Optimisten Sig- 
mund. Ihm zur Seite stand seine hochgcbildetc und schriftstel- 
lerisch begabte (iiemahlin Elconora, Tochter des Königs von 
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Schottland, und nach deren Tod (1480) die junge sächsi 
Prinzessin Katharina. Sigmunds Streben nach einer glanzvt 
Hofhaltung führte von selbst zur Entfaltung der künstlcrisi 
Kräfte. So wurde der Innsbrucker Hof auch künstlerisch 
Sehenswürdigkeit in Europa. . 
Gelehrte und Künstler, Scharlatane und Alchimisten, A 
teurer und Gaukler sammelten sich an diesem Hof und 
deten den bunten Hintergrund dieser prunkvollen Hofhalt 
die nach Sigmunds Neigung den italienischen Fürstcnhöfen r 
nachstchcn sollte. Echte mittelalterliche Frömmigkeit, die 
aber nicht hinderte, über 40 außcreheliche Kinder zu zeu 
Freude am kostbaren Geschmeide und Sorge um ein ruhmvi 
Gedenken ließenihm mit sicherem Instinkt neben den Seht 
tanen und Schmeichlern auch echte Künstler an seinen 
ziehen. Die Frömmigkeit hieß ihn die damals blühenden V 
fahrtcn fördern. Die prächtigen spätgotischen Kirchen in 
deck und Secfcld sind Zeugen dafür. Besonders die Kirch 
Seefeld, deren Umbau schon sein Vater um 1425 begonnen h 
licli er durch seinen llofwerkmcister Hans Rcichartingcr mit 
Pracht vollenden. Ein Rippcnnetz, das einem Dorncngcfl 
ähnelt, überzieht das 1466 vollendete Gewölbe des Langha 
cin Prachtportal, das schönste des Landes, wurde 1472 erric 
das durch die Schilde Österreich und Schottland mit dem I 
enstutz an den Stifter und seine Gattin erinnert. Oft ging 
Planen weit über die Wirklichkeit hinaus, wie bei der Wallfal 
kirche von Kaltenbrunn im Kauner Hochtal, wo eine Basilik; 
7 Priester erstehen sollte, aber nur ein bescheidener Cho 
vollbracht werden konnte. 
Für den allen Habsburgern am Herzen liegenden Nachr 
wollte auch Sigmund ausgiebig sorgen. Er kam dabei auf 
originelle Idee, seinen Lustschlössern und Burgen den Na 
Sigmund zu verleihen. So erstanden im Fernsteinsee Sigmu 
berg, das heute noch als Ruine von großem Reiz ist, am 1 
minger Plateau Sigmundsfrcud, hci Schwaz Sigmundslust 
Oberinntal der Turm von Sigmundsfricd und bei der Zoll 
Finstermünz der Ansitz Sigmundseck Sogar die mächtige 
stung Firmian am Zusammenfluß von Eis ck und Etsch wurt 
Sigmundskron umgetauft. Die meisten dieser Sigmundssehli 
dienten dem geselligen Vergnügen, aber nicht sosehr der 
seinem Nachfolger Maximilian geliebten jagd, als dem Fi 
fang. der Sigmunds Leidenschaft war und zur Anlage zah 
eher künstlicher Seen führte. 
Um 1470 bestellte Sigmund einen neuen Hofwerkmeister, 
Schwaben Nikolaus Türing, der der lnnsbrucker Hofkunst c 
hohen Rang erwerben konnte. Er war vor allem Steinbildh. 
und mcißelte die dem Gedenken der Nachwelt gewidmeten V 
pensteine am Münzertor in llall und den Gedenkstein an 
damaligen Hofburg (dem jetzigen Haus des Goldenen Dachl 
Innsbruck, der zur Erinnerung an die Hochzeit des 1477 
dem Titel eines Erzhcrzogs ausgezeichneten Landesfürsten 
der zweiten Gemahlin Katharina von Sachsen (1489) erric 
wurde. Türings Nlcisterwerk, das Goldene Dachl, das die gle 
Idee des Hochzeitsdenkmals wiederholte, wurde erst unter K: 
Maximilian erbaut. Neben der lnnsbruckcr Residenz baute 
mund das Fürstenhaus in Meran aus, dessen Räume noch ui 
rührt erhalten sind. 
Das Schwergewicht des Kunstinteresses Erzherzog Sigmunds 
nicht in der Bautätigkeit, sondern bei den schmückenden Küns 
Seine Hofmaler jobst Wcningcr und Ludwig Konraiter SChl 
die Fresken der Lustschlösser, wie solche im Schloß Freu: 
berg bei Schwaz noch erhalten sind, Fresken in Kirchen, I 
nisse ihres fürstlichen Herrn (jetzt im Kunsthistorischen Mus.
	        
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