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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 9 und 10)

 
Handschuh eines Harnischs von Kas- 
par Rieder 1480f8S. Aus der Chur- 
burgcr Rüstkammrr. 
eines jener gesellschaftlichen Ereignisse, das dem biirenstarkm 
Erzherzog Gelegenheit bot, vor Damen und Fürsten zu glänzen. 
'l'urniere am Innsbrueker Hol waren berühmt und begehrt. Die 
Innsbrueker Plattncr Jörg Treytz, Kaspar Rieder und Hans 
Prunner schlugen die formschönen, reich vergoldeten Harnische. 
die der Erzherzog als Geschenke den Königen von Schottland, 
Ungarn, Portugal und Dänemark, dem Herzog von Lothringen, 
Kaiser Maximilian und seinem Sohn Philipp dem Schönen wid- 
mete. Es war den Fürsten Europas eine Ehre, einen Innsbrucker 
Harnisch zu besitzen. Diese Harnisehe sind nicht sosehr Kriegs- 
gerät, sondern Kunstwerke in Stahl von stärkster plastischer 
Wirkung, sie sind ein Ruhmcsblatt der spätgotischen Plastik 
Tirols und sichern dem Namen des Erzherzogs Sigmund einen 
Platz in der Geschichte der Kunst. In der Wiener Wailensamm- 
lung und der Churburger Rüstkammer stehen die Harnischc dic- 
ser Zeit noch heute als Prunkstücke. Daneben ließ der Erzher- 
zog für sich auch von auswärtigen Plattnern manchen schönen 
Harnisch schlagen, vor allem vom Augsburger Lorenz Colman 
und dem Nürnberger Hans Grünewalt (in der Wiener Waffen- 
Sammlung). 
Dem Geschützwesen war der Erzherzog als großer Förderer zu- 
getan, wenn auch hier erst sein Nachfolger Maximilian der große 
Neuerer wurde. Das mit schönen Reliefs verzierte Hauptstück 
„Katharina" im Armeemuseum Paris, das 1487 der Innsbrucker 
Büchsenmeister jörg Endorfer goß, trägt Wappen und Namen 
Erzherzog Sigmunds. Im Zeugbuch Kaiser Maximilians ist ein 
Teil der Prunkgesehütze Erzherzog Sigmunds abgebildet, .so 
die Weckauf, der Piauenschwanz, der Kcraul, die alle durch 
ihren reichen plastischen Schmuck wirkliche Kunstwerke waren. 
Im Sinne des Humanismus, dessen Ideale Sigmund wohl begrif- 
len hatte, umschlossen seine künstlerischen Interessen auch die 
Musik, die von den Niederlanden ausgehend, einer großen Blüte 
cntgegenschritt. Berühmte Organisten standen in seinem Dienst, 
so Nikolaus Kronsdorier und seit 1480 Paulus Hoihaimcr, der 
ihm auch eine Orgel lieferte. Der bekannte Komponist Heinrich 
Isaac war an Sigmunds Hof tätig. Die Erwerbung des „Recken- 
buches", einer Sammlung von alten Heldenliedern, die Heraus- 
gabe der deutschen Übersetzung des französischen Romans 
„Pontus und Sidonia" durch Herzogin Eleonora, die Anwesenheit 
bekannter Humanisten (johannes Tiburinus, Dr. Johannes Fux- 
magen etc.) runden das Bild der vielseitigen Interessen Erzher- 
zog Sigmunds auf literarischem Gebiet ab. 
Mag der Historiker auch in Sigmund einen passiven, leichtsin- 
nigen und eitlen Herrscher sehen, für die Entwicklung dcr Tiroler 
Kunst, iür ihren Rang im deutschen Raum war - tin Großer. 
In der Überlieferung ist seine Gestalt neben der Kaiser Maximili- 
ans immer lebendig geblieben als ein Fürst nach dem Herzen 
seines Volkes. Seine Lustschlösser, die XValliahrtskirche-n, die 
Freude am Geschmeide der Goldschmiedekunst, die ersten deut- 
sehen Silbermünzen im Werte der Goldgulden und die Gründung 
der Innsbruckcr Plattncrkunst sichern ihm als einem echten Mä- 
zen aller Künste ein ehrendes Gedächtnis. Als er H90 zu Gunsten 
seines Neiien Maximilian abdanktc und H96 starb, wurde .tttL'l"l 
das Zeitalter der Spätgotik zu Grabe getragen, das unter Sig- 
munds Regierungszeit seine größte und virlgestaltigste Blüte 
erlebt hatte. 
  
errichtet zur Er- 
Wztppenstcin Erzherzog Sigmunds, 
innerung der lloch tit mit Katharina von Sachsen H89, 
von Nikolaus 'l'üring.
	        
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