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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 9 und 10)

kleinen Geschwister - durch den Glanz, die Wärme der Farbe 
auf, aber sie sind unvollendet geblieben. Angesichts dieser Ge- 
mälde, die aus den letzten Jahren, aus der unbeschränkten Stille 
seines Heimatortes stammen, hält die Meinung, es habe dem 
Meister zur Ausführung großer Bilder an Zeit gefehlt, nicht 
stand. Warum wurde die Arbeit an diesen großen Gemälden, die 
in Ausstellungen seinen Namen hätten berühmt machen, die ihm 
Geld hätten einbringen können, abgebrochen? Warum kehrte er 
immer wieder zu seinen kleinen Lieblingen zurück? Ist es er- 
laubt, von einem Unvermögen zu sprechen, wo ein so seltenes 
Vermögen sich im kleinsten dokumentiert? 
Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Bcsch idenheit ein her- 
vorstechcnder Zug im Wesen Huebers ist. Aber wer sagt uns, daii 
das, was wir so leiehthin Bescheidenheit nennen, nicht die Frucht 
einer gereiften Erkenntnis, das Wissen um das XVesentliehe war? 
Vielleicht war unserem Meister die Kunst nicht wichtiger als 
das Leben, das er lebte, und was er schuf nur ein Mittel, sich 
dieses Lebens in seinen Einzelheiten zu erinnern? Man weiß, d tli 
Hueber an Ort und Stelle Skizzen machte, schlagwnrtartige Nu- 
tizen sozusagen, die er oft nach Jahren erst in seinen Gemälden 
ausführte. Und obwohl beinahe jedes seiner Bilder ein Vollendetes 
Kunstwerk ist, galten sie ihm vielleicht doch nicht mehr als die 
Erinnerung selbst, als die Stimmung, der Zauber der Stunde, 
der ihnen zugrunde lag. Und er brachte im Format zum Aus- 
druck, was sie ihm bedeuteten: Persönlichstcs, das man wie Briefe 
und Tagebuchblätter verpackt und versiegelt, wenn die Anteil- 
nahme der Seele geschwunden ist. Dafi dieses Persönlichste zu- 
gleich ein großes Überpersönliches, ein bleibendes Kunstwerk ist, 
ergab sich als die selbstverständliche Folge der Meisterhand, die 
es schuf. l 
Eine Photographie zeigt den Meister sitzend, dem Brsehauw zu- 
geneigt, die linke auf der Platte eines Tisches ruhend, fest und 
sicher, die Rechte zart, mit Fingern, die etwas suchen, als habe 
man ihnen den Pinsel entwunden, den sie noch eben gehalten. 
Das Antlitz ist das eines Mannes zwischen SO und 60, mit ein" 
hohen gelichteten Stirn, einem schmallippigen Mund, in des 
Ecken etwas Wehmut oder Entsagung wohnt; ein im (irunde 
bäuerliches Gesicht, wären nicht die Augen, die klar und un- 
beirrbar in die Welt schauen, Augen, die nicht zu täuschen sind 
und die ihre Arbeit nicht eher enden werden, als bis die schon 
jetzt müden Lider sie einem Bahrtuch gleich in ihrem letzten 
Schlafe verhüllen. 
Htieber hinterließ weder Gattin noch Kinder. Die Natur hatte 
die Stelle der Frau bei ihm vertreten. In Liebe und Treue war er 
 
 
 
 
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Hans Huchcr, Holländische Küslunlnndschnft im 
P-Aundlicht. Öl nul" Karton 7.6 ) 13.8 cm. 
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