ElN SIEG ÜBER DAS VORURTEIL
(ieilntllten zur ltwrlfell detitst-lven Kunst- und Antl-
(jttit BEIIIIUSSE ln Ylllnelteti vom Iill, Yovettlher bl!
H. lJezi-tttber.
Viele Laien sehen in den Bemühungen des Kunsthandels nur allzu oft
etwas ,.irgentltvic" Ungehöriges, wenn nicht gar Unredliches. Die Ur-
sachen solcher Auffassung sind von Vel'sCl'tlL'tfCI'tS!('l' Art, die Wesent-
liebste mag wohl der insti ktci gellöllten Likenntnis entstammen. tlafl
das Kunstwerk in keiner W e "Ware" ist wie Gegenstände anderer
Art - und sicher ist es richtig, daii die „Kunst" im Kunstwerk mit
Geld und Geldeswert nicht gemessen, geschweige denn bezahlt werden
kann. So glaubte man zum Srhlull kommen zu müssen, daß der Han-
del mit Kunstwerken gleichsam Sünde an der Würde des Kunstwerkes
sei; das Kunstwerk selbst aber wurde. wenn nicht in die lintrückthcit
eines tatsächlichen, so doch in die l.uftleert' eines geistigen Museums
gerückt.
l)ie Meinung von der „inneren Unver " flichkcit" des Kunstwerkes
geht letztlich auf jene Periode zurück, die das Museum im modernen
Sinn des Wortes erfand. also in das Zeitalter des Klassizismus. Dafi
man in deit früheren Jahrhunderten d age der Komme bilitlit
des Kunstwerks naiver und vollig unvo angenommen gegenüber tand,
beweisen in tinübertreftlicher Drastik die Vorgänge im Holland des
17. Jahrhunderts; man luraticht bloß die geistvollc Einleitung von Max
Sauermann in Berndts Biltlerlexikon der holländischen Malerei jener
Periode zu lesen, um ein er "hüpfendes Bild über die Zustände in den
Urzeiten des modernen Kunsthandels zu erhalten. llolland ist der erste
große europäische Kulturs "t, in dem uns das Kunstwerk all seiner
sakralen und im höheren inn gebundenen Funktionen entkleidet er-
scheint. in dem es daher in unausvreichlicher Logik zur reinen Ware,
also zum Objekt des direkten und ungeschminkten Brotverdienens, der
Spekulation, der lnvesliliün wurde. ln Holland hat es daher auch das
klass lbllSCh4l(lt' istische Vorurteil gegen die Eigenschaft des Kunst-
werks al-z Objekt kommerzieller Manipulationen nicht oder nur kaum
gegeben. Eine der Möglichkeiten des Handels mit Kunstwerken, niim-
lieh die Kunstmesse, hat in llolland eine ungebrochene Tradition. dic
sich bis zu den Kunstjzthrmarkten der Dürcrzeit zurückverfolgen lafit.
Als sich nun im vergangenen Jahr ein Konsortium führenden" Münchner
Kunsthiindler unter der tiitigen Patronanz von Konsul liernheimcr cnt-
schlofi, den Brauch der Kunstmesse auch in Deutschland einzuführen,
wurde damit ein Vorstoß in jenen Bereich riskiert, in dem das Vorurteil
gegen den Kunsthandel ge tde in breiten Kreisen der Bevölkerung am
tiefsten von allen europ. hen Kulturnationen verwurzelt w '. lTmso
hoher ist der [Erfolg jener Veranstaltung zu werten, die ihren wert-
vollsten Nachhall sieherlieh in cinc Schicht von Kunstinteressierten
hatte, die bisher wohl kaum als Käufer aufgetreten war - nicht nur
aus finanziellen Gründen, sondern vor allem aus R ' sentiments oben
beschriebenen Natur heraus: schien der deutsche Bü 'r nicht nur sein
Museum zu trollen. um sich der Kunst nähern zu unnen - das Mu-
seum in seiner Distanziertheit zum Tagcsgctriebe. in seiner nicht selten
boehmütigeti, lterrischcn Attitüde, die völlige geistige Proskynese vor
dem Kunstwerk forderte?
Nun, das Leben und 'l'reiben bei der
messe in München unterschied sich le glich durch die Art der „W "
vom Betrieb einer normalen Messe; ansonsten, in Hinblick auf die
Linterbringung in zumeist (und mit Absicht) übervollen Kojen und die
(ebenso gewollte „unmuseale") Systemlosigkeit der Änordnung gab es
keinen Unterschied zwischen dieser Messe und anderen Veranstaltungen
ähnlicher Form. Man sah Rhagcs-Kumnen neben Mobeln von Riesener,
Gemälde alttletitscher Meister nebcn Crabbeigaben der ihn-Zeit, kolo-
rierte Stahlstiche lür ein p. ar Mark neben Werten, die in die Hundert-
tausen z gingen.
Ch ikteristisrh für die erste hlcsseveritnstaltung in München war der
überaus rege betrieb; jedermann w cht. wie grofl der Zustrom
war und wie leicht und mühelos der Kontakt zwischen Interessenten
und Händler hergestellt war. In größter Unbcangenheit fragten die
Besuche" nach Dingen, die ihnen auf dem Herzen lagen - zumindest
im Anfang die wenigsten nach Preis und Wert. Die Leute wollten „alles"
über Stil, llerktinft, Bedeutung wissen und so mancher unter den Be-
suchern erfuhr auf diesem Weg zum ersten Mal von den Geheimnissen
der Kunstperiotlen und ihrer Bezeichnungen, von den Problemen der
lkonographie, von den Fragen künstlerischer Techniken. Allen tinhe-
wulit war so dank der nimmermüden, geduldigen Auskunftsbereitscbttft
der Händler jene Respektliift überbrückt, die im Museum zwtchen
Kunstwerk und Beschauei" itulgerisseit wird; hier, wo die Möglichkeit
bestand, sich selbst zum Besitzer eines Kunstwerks zu machen, wurden
ganz neue Volksschichten praktisch, anschaulich und ohne große Worte
'l'slL'n Kunst- und Antiqui "tten-
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