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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 6)

 
Leinfellner, Gruppe der Fischer. 1953, Ziegelterra. Sie entstammen 
der Erinnerung der kubischen Bauten von Positano. 
Dafi cr Gesetzlichkeit erkennen will, liegt auf der Hand. Der 
Widerstreit der Rustikalitat, die in seinem Werk steckt, mit 
einem Streben nach intellektueller Erkenntnis gehört mit zu den 
Dingen, die Lcinfellner kennzeichnen. Auch an der Bcrührtheit 
durch das Archaische hält er fest. „Ich möchte in der Bildhau- 
erei eine Urgcsctzlichkeit zum Ausdruck bringen, ohne an lei- 
denschaftlicher Lebendigkeit dabei zu verlieren", sagte er ein- 
mal. Die menschliche Figur wird bei Leinfellner nie zur Gänze 
abstraktes Skelett oder funktionalistische Spur; es bleibt gewisser- 
maßen immer Fleisch um sie. 
Daß dieser Bildhauer anmutig erzählen kann, beweisen die Mar- 
morintarsicn für das Staatsopernbüfett. Aus dem Kubismus ist 
etwas Wienerisch-Rcizvolles geworden, ohne daß er dabei Ord- 
nung und Gesetzlichkeit verloren hätte. Der Schauplatz ist hin- 
ter der Bühne. Es wird der Pcrückenmachcr bei der Arbeit ge- 
zeigt, ein Einblick in ein Kulissendepot, daneben eine Chorprobe 
und Bühncnarchitektur, schließlich auch der Regisseur mit einer 
Künstlerin bei einer Regieprobe. 
Das Erdhaft-Vernünftige seiner Natur hilft Leinfellner bei der 
Erfüllung öffentlicher Aufträge. Er hat die Genie-Schmerzen 
nicht und nicht die Wehleidigkeit, die Andere über die Tyrannei 
des öffentlichen Mäzens klagen machen. Sein praktischer Sinn, 
sein gesunder Instinkt lassen ihn den Weg zwischen Zweck und 
Vision finden, auf dem tüchtige Werke entstehen, angewandte 
Kunst, wenn man will, im allerbesten Sinne. Hierher gehören 
verschiedene Hauszeichen und Reliefs, darunter der naiv verein- 
fachende „Galilei" mit dem Fernrohr, dem schiefen Turm von 
Pisa und den jupitermondcn an einem Wohnbau im IX. Wiener 
Gemeindcbezirk und die heiter und groß komponierte „Familic" 
an einem Bau im II. Bezirk, die geradezu Musterbeispiele einer 
volkstümlichen Anwendung moderner Stilprinzipien sind. 
Über öffentlichen Auftrag entstand auch der mehrfarbige „Wel- 
lenbrecher" im Gänsehäufel, der, einen Wasserausfluß verklei- 
dend und inmitten des Bassins Kindern als Tummelplatz dienend, 
in seinem vollendet abstrakten Linicnspiel als Parallele zu K0- 
rallenbildungen aufgefaßt werden kann. In Fertigstellung be- 
griffen ist cin sechsmal zwei Meter großes Relief aus Stein- 
iebirge, eine Felsenmelttdit- von menschlicher Figur. Oder die 
Sitzenden" von 1950 55, welche der deutsche Kunstkritiker 
rttnz Roh im Hinblick auf ihren konstruktiven Charakter „Die 
lensehenbank" genannt hat. Die „Sitzendc-n" werden gewisser- 
tztßen selber zum Sessel. Die menschliche Figur, das gehört zu 
en Grundüberzeugungen lleinz Leiniellners, ist menschlichem 
ieriit, ist allem was stützt, liegt, greift oder trügt immer wieder 
um Vorbild geworden. 
les Künstlers Gruppe der „Sitzenden" reulisiert ein Erlebnis, das 
einfellner auf der lnsel lseliid hatte. Den Liingitng zu einer Höhle 
t einem Lavalelsen verriegelten (iesteinsbildungen: Blöcke, von 
lensehenhand angeordnet, wie nähere Betrachtung zeigte, ein 
iitter in Nlenschenform, von einem Fischer errichtet, das den 
ugitng zu den Rudern und Stricken erschweren sollte, die er 
i dieser Höhle bitrg. Es tvitr, als säßen zwei Xliüiehlet" vor der 
löhle. Was in den „Sitzende-n" hildhaurrisehe Leistung wurde, 
tts ist die Kelterung, die Ordnung und Klärung jenes Naturer- 
:bnisses, Urtümliehkeitserlelvnisses. Die NJIUF, das Archztisehe 
nd des Funktionelle sind Dinge, die Leinfcllners Kunst immer 
'ieder bestimmen, In die Gruppe der „Fiseher" von 1955 gingen 
rinnerungen an die kubischen Bauten der Fisehersltdt Positano 
in. Der Abstrithierungsirrozeli, die beinahe mathematische 
trenge des Stils wurden hier mit einer besonderen Konsequenz 
urehgeiührt. Von Älenselienleibern und Hiittsern bleiben KJUITI 
tehr als Winkel, Rechteck, Quitdntt, Oval und Kreissegment, 
nd doch sehliigl die unmittellni Sinnlichkeit von Lcinfellners 
egabung auch hier wieder durch, die zu bändigen, zu reglemen- 
eren er seine funklionitlistisehen, kubistisclten und Abstrakten 
xerzitien wohl rtuch unternimmt. 
 
 
Leinlielltter, Der Bau. Bronzereliei (951. Osten". Galerie Wien. 
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