Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
27. Jahrgang Wien, Ende Oktober 1935 Nr. 11/12
s/Ille €iKupferstiche und JCandzeichnungen bei Q. S. J3oerner
in Ceipzig.
Seit nunmehr fünfzehn Jahren veranstaltet die
Leipziger Firma C. G. B o e r n e r mit unbeirrbarer
Regelmäßigkeit im Frühjahr und im Herbst jedes
Jahres Auktionen von alten Kupferstichen, oft ge
paart mit solchen alter und neuerer Handzeichnun
gen. Auch in diesem Herbst versendet die Firma
wieder zwei Kataloge ihrer Versteigerung am 26.
und 27, November.
Der eine Katalog enthält kostbare Gra
phik alter Meister aus verschiedenem Besitz,
der andere eine Sammlung von Handzeichnun
gen aus dem Besitz des verstorbenen Geheimrat
Ehlers in Göttingen, die zur Hauptsache deutsche
Zeichnungen des 18. und 19. Jahrhunderts und eine
kleine Partie außerdeutscher Meister enthält. Wegen
der Knappheit des Angebotes wirklich schöner Blät
ter, die sich nicht nur in Deutschland, sondern auch
in außerdeutschen Auktionen immer empfindlicher
bemerkbar macht, dürften diese beiden reichhaltigen
Kataloge besonderer Beachtung sicher sein.
Der Katalog der Handzeichnungen aus
der Sammlung Ehlers bringt einen Ueberblick über
die besten deutschen Zeichner des späteren 18. und
frühen 19. Jahrhunderts von ungewöhnlicher Reich
haltigkeit, Diese Sammlung ist im Laufe von drei
Generationen zusammengekommen, begründet von
dem berühmten Sammler Heinrich Campe im An
fang des 19. Jahrhunderts, Wir finden den führen
den Meister des Berliner Rokoko Daniel Chodo-
w i e c k i neben dem berühmten Anton G r a f f in
Dresden mit entzückenden und charakteristischen
Arbeiten. Von dem Romantiker Caspar David
Friedrich sind fünf besonders schöne Blätter
vorhanden, von Schwind eine der berühmten
schönen Darstellungen der Schauspielerin Karoline
Hetzenecker als »Iphigenie«, von S p i t z w e g
eine Oelskizze mit der »Ankunft der Postkutsche«.
Um diese Hauptmeister gruppieren sich aus der
frühen Zeit die Landschaftier Dillis, Reinhart,
die K o b e 11 s, K n i e p, Koch, Kolbe, R a m-
b o u x, neben ihnen ist Fohr, Gärtner, Over
beck und Steinle zu nennen. Die neuere Zeit
wird durch ausgesuchte Blätter von Eduard von
Gebhardt, Feuerbach, Kli n g e r und Men-
z e 1 vertreten. Außer diesen einzeln aufgeführten
Arbeiten der führenden Künstler, die allein 400 Num
mern des Kataloges ausmachen, wurden in S ammei
nummern von zusammen vielen hunderten Blät
tern die minder wichtigen Künstler, zum großen Teil
dem 19. Jahrhundert angehörig, zusammengefaßt,
ebenso wie eine reiche Sammlung deutscher
Barockmeister des 17. Jahrhunderts. Den Be
schluß des Kataloges bilden die Zeichnungen und
Aquarelle der außerdeutschen Meister, unter ihnen
Jan Brueghel, Goyen, Ostade, von Oden.
In dieser Abteilung verdienen einige schöne
Schweizer Scheibenrisse des 16. Jahr
hunderts besondere Erwähnung.
Der Katalog der alten Graphik bringt als
wichtigsten Inhalt eine kleine Serie von herrlichen
Dürer-Blättern, Unter ihnen sind die schön
sten eine Darstellung der »Madonna auf der Mond
sichel« und die »Maria an der Mauer«. Der »Heilige
Hubertus« liegt in einem prachtvollen Abdruck vor.
Außerdem enthält die Serie eine schöne »Melancho
lie« und ein ausgezeichnetes Exemplar des bekann
ten Stiches »Ritter, Tod und Teufel«. Eine andere
Serie bringt eine Reihe von Rembrandt-Blät-
t e r n gewählter Qualität, Unter ihnen befindet sich
ein herrlicher Druck des »Blinden Tobias«, ebenso
der »Grabtragung Christi«, der Mutter Rembrandts,
ein seltener erster Druck des Porträts des Gold
schmiedes Jan Lutma und daneben eine Reihe der
bekannten biblischen Darstellungen.
Außer diesen Hauptmeistern findet sich eine
hübsche Partie der Radierungen des Adrian van
Ostade, unter ihnen die seltene Darstellung des
»Anglers« in einem frühen Zustartd. Außer diesen
Meistern ist Albrecht Altdorfer, Bartel Beham,
Hans B u r g k m a i r, Lucas van Leyden, Andrea
Mantegnau. a, mit Drucken feinster Qualität ver
treten, Des weiteren enthält der Katalog eine sehr
hübsche und qualitätsreiche Partie von französischen
Blättern des 18. Jahrhunderts und, meist
in größeren Nummern zusammengefaßt, eine unge
wöhnlich reiche Menge von Kupferstichen verschie
denster Schulen (z. B. von deutschen Künstlern des
19. Jahrhunderts), zumeist aus einer sehr alten fürst
lichen Sammlung stammend.