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„DER TRIUMPH DER WAHRHEIT"
VON FRANZ ANTON MAULBERTSCH
Von BRUNO GRIMSC]
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Die Stuekdecke des großen Saales im Schlosse Kirchstetten --
nahe der Staatsgrenze im nordöstlichen Niederösterreich - trägt
das bedeutendste Ölgcmälde aus der frühen Schaffenszeit von
Maulbertsch. Der ungewöhnlich hohe Raum, erleuchtet durch
drei große Fenster und drei über diesen angeordnete Queroval-
fenster, hat von seiner ursprünglichen Erscheinung nur die flache
Decke mit dem ungefähr sechseinhalb Meter breiten und drei
Meter hohen, von Stuckornamenten umrahmten Gemälde er-
halten. Mit der großartigen Fülle seiner Bewcgtheit und der
leuchtenden, durch stärkste Helligkeitskontraste verlcbendigten
Farbigkeit hebt sich das Bild als das strahlende Zentrum des
Raumes von dem gclblichgrauen, auf lichtgrünem Grund lie-
genden Stuckwerk ab und beherrscht mit der Gewalt seiner
von innerer Dramatik erfüllten Phantasiewelt die reale Sphäre
des Saalraumes.
Der Triumph der Wahrheit ist das Thema dieser durch die
antike Götterwelt versinnbildlichten Allegorie. in der Gestalt
einer nackten, jugendlich-vollen Frau schwebt die Personifika-
tion der Wahrheit in den Wolken, im weit vorgestreekten lin-
kcn Arm ein Szepter, von dem eine Draperie in den Himmels-
raum weht, um den rechten Arm ein blaues Band, _mit dem sie
Saturn an seiner erhobenen Hand gefesselt hiilt. Die Zehen ihres
rechten Fußes - es ist die einzige Vertikale in dem von Kör-
per- und Raumdiagonalen durchzogenen Bildleld - berühren
die Weltkugel, an die sich Saturn liegend mit Stundenglas und
Sense lehnt. Sein hoch ausgespannter Flügel über den angezoge-
nen Beinen reicht zur jugendlichen Gestalt der Flora, die mit
Blumenvase und Draperie - gleich dem Putto ober ihr - Blüten
in den Himmel streut. Scheint Saturn hinter der von ihm um-
faßteit Weltkugel hervorzukornmcn, so weist auf der Gegen-
seite die Rückenfigur Dianas in die Raumtiefe hinein. Den Helm
auf dem Haupt, hält sie auf ihrem Rücken den Bogen, und Wild-
gans und Hase unter ihr ruhen als jagdbeute neben einer Schüs-
sel mit Früchten, an die sich wieder ein Putt0'mit Weisen und
Krebsen anschließt, um mit dem Wassergetier zu Neptun am
linken Bildrand die Brücke zu schlagen. Mit den Armen unter
dem Haupt und hochgezogenem Knie, umhüllt von dunkelblauer
Draperie, liegt Ceres auf einer Garbe. Über ihr, das Halbrund
der Schmalseite des Bildes füllend, erscheint die von einer, Magd
gcmolkene Ziege Amalthea. Bacchus mit Weinlaub und Wein-
krug leitet zur Gestalt derPornona mit hoch über dem Haupt
erhobenem Feldfruchtkorb über. Mit einer weiteren Frauenge-
stalt, die zwischen Diana und Saturn Kirschen emporhält, cha-
rakterisiert Maulbcrtsch den Herbst mit seinen Gaben. Das ge-
gcnüber auf der anderen Schmalseite des Bildes liegende Halb-
rund erfüllt die Gestalt Neptuns mit seinem weitausholendeh
Dreizack. Eine junge Ncreide, aus dem Wogengischt auftau-
chend und das Bein Neptuns umklammcrnd, schaut gegen Saturn,
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