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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 7 und 8)

Schloß Kirchslenen, Detail aus dem 
Deckengemälde: der blumcnslreu- 
ende Frühling mit Saturn und der 
Wahrheit (rechts am Rand). 
den Repräsentanten der Zeit, die in ihrem Ablauf durch die 
Personifikationen derjahreszeiten-unter denen der Beherrscher 
des Meeres für den Winter steht - wie durch eine poetische 
Fabel sichtbar gemacht und verdeutlicht wird. Maulbertseh hat 
die Allegorie mit größter Freiheit behandelt. Die Figur der Wahr- 
heit erscheint nicht mehr mit der Sonne, ihrem überlieferten 
Attribut, sie selbst wirkt im hellen Himmelsschein mit ihrem 
Körper als liehtverklärte Gestalt, gleichsam niederschwebend in 
die Zone der Götter, durch die leuchtend roten Draperien aber 
zugleich hinausgehoben über ihre Welt. Das triumphierend er- 
hobene Szepter und die Fessel an Saturn dokumentieren an der 
großartig erfundenen Figur, die rittlings auf der emporflattern- 
den Draperie durch den Raum schwebt, Herrschaft und Sieg über 
den Reigen der Götter und den Reigen der durch sie veran- 
schaulichten jahreszeiten. 
Maulbertsch hat die ligurale Komposition, die mit wogenden 
Schrägen durch das Bildfeld schwingt, durch landschaftliche Ele- 
mente begrenzt und gestützt. Felsenstufen tragen die Stilleben 
und, zu beiden Seiten emporsteigend, die Gestalt Neptuns, die 
Ziege Amalthea und Bnechus. Sehäumcndes Wasser trennt Nep- 
tun und Nereide von den Figurengruppen um Saturn. Die lich- 
ten Wellen gehen in den Fall der weißen Draperie über, die Sa- 
turn umrahmt und auch in einer zweiten Bahn vor der Welt- 
kugel niederiällt, sodaß der all: Gott mit hoch cmporgezogenen 
Beinen wie auf einer Insel in den Himmel zurückgeworfen liegt. 
Ein hoher Baum ragt mit seinen Ästen über der Ziege in den 
Bildraum herein: die irdische Sphäre mit Felsen, Wasser und 
Gewächs und der himmlische Raum mit seinen Wolken werden 
zum frei zusammengeiaßten Schauplatz für die von einer wo- 
genden Bewegtheit erfüllten Figuren. Als sei die Vision der Göt- 
terwelt gleichsam im Sturmwind sichtbar geworden, so drang- 
voll ist jede körperliche Aktion mit äußerster Spannung ger- 
iüllt und so kühn zur höchsten Steigerung ihrer Gebärde ge- 
führt. Mit unvergleichlicher Vorstellungskraft hat Maulbertsch 
den nach allen Seiten ausgreilenden Frnuenakt mit dem Szepter 
gemalt, in voller und lichter körperlicher Schönheit, die in stärk- 
stem Kontrast zu dem grotesk verkürzten Akt des Saturn steht. 
Dem Haupt des Gottes beugt sich das Hitupt der Frau mit den 
Kirschen entgegen und der im wehenden Himmelswind fliegen- 
den Gestalt der lilora mit ihrem Putto antwortet auf der Gegen- 
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