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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 7 und 8)

Schloß Kirchsleuen, Detail aus dem 
Deckengemälde: Diana, Bacchus und 
Ccrcs als Personifikzuion von Som- 
mcr und Herbst. 
seite die Gestalt der Pomona mit den Feldfrüchten im erhobe- 
nen Korb, sodafl die Güttcr in flachen Bogen die Figur der 
Wahrheit wie eine zentrale Achse umgeben. Dramatisch beginnt 
Neptun mit zcrzaustcm Bart und hinausgehaltenem Dreizack 
am linken Bildrand einen äußeren Bogen, der über die Stillebcn 
und die schlafende Ceres - die Rückenfigur der Diana gibt 
die Verbindung zur inneren Figurenkette _ empor zur Magd 
mit der Ziege führt. Wie in Wellen steigt und fällt die Bewegung 
und selbst die schlafende Gestalt ist in die pathetische Aktivie- 
rung aller Darstellungsteile einbezogen. 
Kontrastreich gibt die Modellierung mit grauen und schwärz- 
lichen Tönen allen Figuren die volle körperliche Wirklichkeit, 
aber auch den Glanz eines höheren Daseins. Vorn tiefen dunklen 
Blau der Draperie, die von Diana zur schlafenden Ceres fällt 
und deren bleichen, in kühlem Grau modellierten Körper um- 
schließt, über das starke Blau der Weltkugel, führt die Abschwä- 
chung der Farbe zum hellen Blau des Himmels, in dem rosige 
Wolken gleich lichten Flocken schweben, und zu den blassen 
Blüten in der Vase Floras. Das Rot - ein verhaltenes, aber star- 
kes Karminrot -- in der Draperie der „Veritas" kehrt wieder un- 
ter der Weltkugel, durch Grau in seiner Kraft gedämpft. In 
blcndendem Weiß leuchtet die unter dem Flügel Saturns her- 
vorbrcchcndc Drapcric, in silbrigem Weiß die emporgewchtc 
um Flora und in glänzendem Weiß schimmert das Gefieder" 
der Wildgans und das Fell der Ziege. Mit tiefem Ockerbraun 
malte Maulbertseh die Akte des Saturn und des Neptun, über 
dem sich eine dunkelgelbbraunc Draperie emporbläht. Hinter 
dem Dreizacl: Neptuns verfärbt sich der Himmel rosig, über 
der Ziege Amallhea wird er gewitterig-grnu. Blasses Gelb und 
Graugrün, Graublau, Goldbraun und Rosa ergänzen die Farben 
zu einem vollen Gesamtklang, der festlich erhaben wirkt, je- 
doch jede Buntheit meidet. 
Maulbertsch, der im jahre 1739 an die Wiener Akademie kam, 
muß das Deckenbild von Kirchstetten um die Jahre 1750-1752 
gemalt haben. Noch ist die „0bjektivc" Schönheit der menschli- 
chen liigur erhalten - nur in den Figuren des Saturn und des 
Neptun ist sie für das ungewöhnlich Charakteristische hinge- 
geben - und noch sind direkte italienische Einflüsse für die 
künstlerische Erscheinung des Gemäldes nicht bestimmend, aber 
auch das Helldunkel remhrandthalter Prägung hat noch nicht 
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