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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 7 und 8)

die blendende Prägnanz der Formcharakleristik abgeschwächt. 
Das Wiener Barockmuseum verwahrt einen malerischen Ent- 
wurf Maulbertschs, der _mit dem Gemälde von Kirchstetten in 
engem Zusammenhang steht. Es ist eine Allegorie der Jahres- 
zeiten und der Elemente, auf der alle Götter ohne die Gestalt 
der Wahrheit in anderer, nicht ähnlich ausgereifter Gruppie- 
rung erscheinen. Was das Deckenbild von Kirchstetten zu ein- 
zigartiger Bedeutung erhebt, ist die wahrhaft gewaltige Steige- 
rung der äußeren Bewegung und der inneren Dramatik aller 
Figuren. Der brausende Atem einer jugendlichen Schöpferkraft 
durchweht das Bild Maulbertschs, das, so einzigartig es in seiner 
künstlerischen Vollkommenheit erscheinen mag, nicht ohne Vor- 
stufen in der barocken Malerei Österreichs steht. Mehr als bis- 
her muß der Blick nicht allein nach Italien gewendet werden, 
um das Stilphänomen Maulbertschs zu ergründen, sondern auf 
die Reihe der Maler Rottmayr, Gran und Troger fallen: 1m 
Karabinierisaal der Salzburger Residenz hat johann Michael 
Rottmayr die heroiseh-mächtige Meerfahrt Neptuns gemalt, ein 
dem Kirchstettener Gemälde im Format ähnliches Fresko, das 
gleich dem Bilde Maulbertschs die figurale Komposition nicht in 
konsequent durchgeführter Untersicht zeigt. In der Wiener Hof- 
bibliothek und im Schlosse Eekartsau malte Daniel Gran 1730 
und 1732 die lichten Himmelsweiten mit ihren vollkommenen 
menschlichen Figuren und Troger erhob diese reine und aus- 
geglichene Welt zu visionärer Verklärung. Das im Jahre 1734 
vollendete Kuppelfresko der Stiftskirche von Altenburg mahnt 
durch die weitgespannte Bewcgtheit der Figuren und der Wol- 
kcnmassen, durch die Ausdruckskraft der völlig neuartigen Kom- 
position und das dramatische Pathos der Erzählung an Maul- 
bertsch. Doch erst Maulbertschs persönliche, bis zu äußersten 
Steigerungen vordringende jugendkraft brachte die Erfüllung 
der in der historischen Situation liegenden künstlerischen Mög- 
lichkeiten und, im letzten Grunde über alle Anregungen hinaus, 
allein durch seine geniale schöpferische Begabung. 
Maulbertschs Deckenbild von Kirchsteiten kann nur Tiepolos 
Fresken in Würzburg an die Seite gestellt werden, die in densel- 
ben jahren entstanden sind. Schmückie 'l'iepolo die schönste 
deutsche Barockresidenz, so malte Maulbcrtsch für ein entle- 
genes und künstlerisch hedeutungsloses Landschloß in Nieder- 
österreich. Tiepolo dekorierte Treppenhaus und Knisersaal der 
Würzburger; Residenz mit seiner großgcsinnten, wahrhaft euro- 
päisch giltigen Meisterschaft, Maulbertsch aber verschwendete 
seine grandiose, von glutvollster Empfindung bewegte und auf- 
gewühlte malerische Vision als das Bekenntnis einer im Tief- 
sten deutschen Seele außerhalb der großen Welt, als sei diese 
innerste Offenbarung einer künstlerischen Individualität durch 
die Radikalität des Persönlichen einer weltweiten Wirkung nicht 
zugänglich. 
(m. Wilhelm Mrnzek bin Ich m die wesentlichen llxülllllüglilrlllll "IIIWHNE iiimii. 
hat verbunden.) 
mit xlcn Vil Jahravüilcn. Entwurf 

	        
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