JUNGES MUSEUM M1
AL
TRADITION '
Die Salzburger Residenzgalerie stellt sich vor
Von
ERNST
'KO
Seit dem Jahre 1612 ist das Bestehen einer erzbischöflichen Ge-
mäldegalerie in Salzburg nachweisbar. In diesem Jahr werden
105 „Stuck" an Inventar angeführt, 1619 hat sich die Sammlung
auf 16') Nummern erweitert, 1654 werden bereits 247 Gemälde
angeführt. Die erste wissenschaftliche Bestandsaufnahme er-
folgte 1750 über Befehl des Erzbischofs Andreas Jakob unter
Herbcizichung des Hofmalers Franz Ebner. Damals zählte die
Sammlung nicht weniger als 995 Bilder, VOn denen sich jedoch
etwa nur die Hälfte im Gebäude der Residenz selbst befand.
1789 erhielt der Hofmaler Franz Nesselthaler den Auftrag, aus
diesem bedeutenden Bestand die besseren Gemälde auszuwählen
und in der Residenz selbst zu einer richtigen Gemäldegalerie
zusammenzustellen. Unter den Künstlernamen der 70 auserle-
senen Werke wurden u. a. Hans von Aachen, Bassano, Bellini,
Carraeei, Caravaggio, Cranach, van Dyek, Rembrandt, Guido
Reni, Rubens, Teniers, 'l'intoretto, Valckenborch und Vries ge-
nannt.
Als das selbständige Reichs- bzw. Kurfürstentum 1805 aufge-
löst wurde, gelangten sofort die kostbarsten Kunstwerke, Schrif-
ten und Drucke nach Wien, darunter auch 65 Gemälde. Der Rest
wurde 1816 in einer Versteigerung zu Spottpreisen verschleudert,
die alte Residenzgalerie hatte zu bestehen aufgehört. Auch das
1834 gegründete Salzburger Museum Carolino Augusteum verv
mochte es nicht, die willkürlich unterbrochene Tradition fortzu-
führen, wenngleich die viel gelästerte, weil lange Zeit hindurch
mangelhaft betreute und aufgestellte Gemäldesammlung immer-
hin die einzige Brücke von damals zu heute darstellte.
Erst im Jahre 1923 kam es zur Neugründung der Salzburger Re-
sidenzgalerie. Längst hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß
eine Gemäldesammlung im engeren Sinn einer „Residenz-Gale-
rie" zum integren Bestand einer barocken Hofhaltung gehörte,
daß ihr Fehlen in dem durch und durch barocken, städtebaulich
fast unberührt gebliebenen Salzburg eine sehr empfindliche
Lücke darstellte. Die neue Residenzgalerie war nach den Absich-
ten des bedeutenden Salzburger Lokalhistorikers Franz Martin
eine Sammlung Salzburger Kunstgutes. Das jahr 1938 brachte
ein rasches linde der jungen Institution; ein Teil der Gemälde
wurde 1942 von der neu eingerichteten Landcsgalerie übernom-
Rembrandt: Die Mutter clcs Künstlers be-
tend. Ol auf goldgrundicrxer Kupferplatte,
15,5 X. 12,2 cm. Um 1628130. Noch am An-
lang des künstlerischen Lebcnswerks Rem-
brandts sxchcnd, zeigt das kleine Gemälde
bereits den Weg auf, den der Maler gehen
wird: Überwindung des Materiellen, Äußer-
lichcn, Triumph der seelischen Werte.
(Sammlung Czernln Nr. es, Sulzburger Resldenz-
gnlerle, Im. 101.)
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