krone auf. Ähnliches ist bisher nur von einem Künstler bekannt:
von Lucas Cranachß)
Zum Vergleich bilden wir zwei der wenigen, bekannten Schnitte
aus Cranachs Frühzeit ab, die er vermutlich während seine_s
Aufenthaltes in Wien entworfen hat. Zunächst die u n d a t i e r t e
Kreuzigung (vgl. Passavant IVA-O, Nr. 2; Geisberg Bilder-Kata-
log Nr. 558), die Flechsig auf das Jahr 1500 ansetzt, während
Friedländcr-Rosenberg annehmen, daß sie 1502 entstanden sei,
im gleichen jahr nämlich wie die zweite frühe in Holz geschnit-
tene Kreuzigungsszene Cranachs (Passavant IVAO, Nr. 1), die
das Datum 1502 trägt.
Neben dem Reiter in der Mitte des Bildes steht eine Frau mit
gefalteten Händen. Ihre Verwandtschaft mit unserer Schmer-
zensmutter ist augenfällig. Man vergleiche besonders auch den
Faltenwurf ihres Gewandes. Zwar vermuten wir, daß der vorlie-
gende Schnitt der Mater dolorosa einer etwas früheren Entwick-
lungsstufe Cranachs angehören dürfte, das heißt, daß er zirka
ein bis zwei Jahre vor allen bisher bekannten Holzschnitten
des Meisters entstanden wäre.
Ein weiterer Vergleich drängt sich auf mit dem zweiten abge-
bildeten Blatt, mit der ebenfalls 1502 entstandenen, grandiosen
Darstellung des heiligen Stephan. Hier ist es vor allem die Gea
staltung der Bäume, die eng verwandt ist mit der, die Schmer-
zensmutter umrahmend-en Dornenkrone. Wie seltsam ferner der
aus Ästen gebildete Heiligenschein! Wenn auch der Stephanus
unserer Schmerzensmutter an Monumentalität und Wildheit
überlegen ist, so scheint doch genug Verwandtes die beidem
Schnitte zu verbinden.
Lucns Cranach, Der H1. Srcphanus. 1502.
Lucm Crxmnch. Dcr Knlvnriunhcrg. Um 1501.
Von den wenigen eigenhändigen Zeichnungen Cranachs kommt
das von E. Bock (in Old Muster Drawings Vol. IV, N0. 16,
March 1930, Plate 67, p. 71) erstmalig ihm zugewiesene Blatt
aus dem Germanischen Museum in Nürnberg (N0. 56 des Kata-
logs) hier zu Vergleichszwecken in Betracht. Es stellt eine ste-
hende „Türiehte Jungfrau" dar und ist die früheste bisher be-
kannte Federzeichnung. Mit Weißhöhung, auf gelbem, präparier-
tem Papier, in Tuschmnnier stark in Relief gesetzt, zeigt das
Blatt in den Falten unten eine große Verwandtschaft mit unse-
rem Schnitt. „Very characterislic are the eye-shaped folds and
the short lines in thc brcaks of the drapery, which oceur not
only in the prints of early date, but also in the earliest of his
pictures . . Hier können wir gleich eine weitere Autorität zu
Worte kommen lassen: Max j. Fricdländer. In seinem Aufsatz
über „Die Landschalt" (Von Kunst und Kennerschaft, 1946,
S. 107) sagt er: „...Und wie stark seine Phantasie um diese.
Zeit von Vegetation und Naturleben erfüllt war, zeigen die Bild-
nisse, namentlich das herrliche Paar der Reinhart-Sammlung zu
Winterthur, in denen das knorrig verästelte Baum-
we rk nach vorn in die Raumzone der Porträtköpfe gedrungen
ist." - Soweit also die Analyse des Formalen.
Eine weitere Frage ist die nach der ikonographischen Bedeutung
des Blattes. Soweit wir feststellen konnten, ist bisher keine andere
graphische Einzeldarstellung dieses Stoffes aus so früher Zeit
bekannt. Vermutlich geht sie auf ein Gnadenbild der Schmerz-
hallen Muttergottes zurück. Im syätcren Mittelalter sehr beliebt
und aus „rosenkranzähnliehen Volksandachten herausgewach-
sen" (Künstle, lkonographie der christl. Kunst I, 642, wo auch
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