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KARL V. ALS MÄZEN DER
NIEDERLÄNDISCHEN TAPISSERIEKUNST
Von DORA
lNZ
In den 400 Jahren seiner Geschichte sind zwei wichtige Grund-
voraussetzungen des europäischen Wandteppichs trotz aller zeit-
lich bedingten Wandlungen stets gleich geblieben: Seiner Be-
stimmung nach ist der Wandteppich immer ein ausgesprochener
Luxusgegenstand gewesen, der im wesentlichen nur im Auftrag
der sozial und wirtschaftlich bestgestellten Kreise entstand und
dementsprechend sowohl in der Kostbarkeit seiner Ausführung
wie auch im Gcschmacklichen einen ausgesprochenen hÖfiSChCn
Charakter trägt. Seinem künstlerischen Wesen nach steht er
in der Mitte zwischen Kunsthandwerk und Malerei. Aus dieser
Zwischenstellung, die trotz aller Vorstöße gegen eines der bei-
den Extreme stets gewahrt blieb, entstand der besondere Cha-
rakter der europäischen Tapisserie. In der handwerklichen
Ausführung, der Gebundenheit an Material und Technik und
der beliebigen Wiederholbarkeit des gleichen Entwurfes der
allgemeinen handwerklichen 'l"radition eng verbunden, hat doch
der Wetteiier mit der Malerei und deren Einfluß der Tapisserie
die stärksten künstlerischen Impulse gegeben. Wenngleich alle
Versuche, zu einer völligen Gleichheit der Bildwirkerei mit der
Malerei vorzudringen, wie sie vor allem im 18. und frühen
19. Jahrhundert unternommen wurden, aussichtslos, weil dem
Wesen der Sache widersprechend waren, so ist doch in den größ-
ten und wichtigsten Epochen ihrer Geschichte die Tapisserie als
Teil der Malerei zu werten und auch ihre eigenstiindigslen
Leistungen sind gerade im Vergleich zu dieser Sehwesterkunst
am klarsten erkennbar.
Im Rahmen der allgemeinen Malereigeschichte erklärt sich auch
am besten, daß der Wandteppich trotz seiner allmählichen Aus-
breitung über alle Länder Europas seinen eigentlichen Bereich
immer im Nordwesten behielt. Dort, wo die große Wandmalerei
nie im gleichen Umfang wie in Italien geübt wurde, repräsen-
tative Aufgaben und bedeutende Maler aber nach ähnlichen
Lösungen strebten, konnte der gewirkte Wandteppich zum eigent-
lichen Gebiet monumentaler Bildgestaltung werden; die un-
mittelbare Verbindung mit den europäischen Höfen und den
großen Zentren der Malerei in den Niederlanden und Frankreich
gaben die Voraussetzungen für die höchste Entfaltung dieses
Kunstzweiges vom 15. bis zum 18. Jahrhundert.
Im 15. Jahrhundert, insbesondere in der Regierungszeit Herzog
Philipps des Guten, wurde Burgund zum wichtigsten Zentrum,
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