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weftschlesien (Tropj?aner Rreis).
Wir beginnen die Wanderung durch Schlesien im äußersten Nordwesten, dort, wo
dasKronland im vorspringenden Winkel in dieGlatzerGrafschaft einschneidet. Hiertreten auch
die Sudeten mit dem Fichtlich als Reichensteiner Gebirge in das Land ein und reichen
unter diesem Namen bis zum Ramsauer Sattel. Vom Fichtlich (1109 Meter) setzt sich ern
Querriicken nach Norden fort und weist in der Löwenkuppe (1040 Meter), im waldrgen
Hirschbadkamme (992 Meter) und in dem aussichtsreichen Falkenberg oder der Nesselkoppe
(964 Meter) bedeutende Erhebungen auf. Dieser Querrücken schließt mit dem Hauptkamme
ein von zahlreichen Wasseradern durchschnittenes hügeliges Gebiet ein, eine der anziehendsten
Partien unseres Landes. Unter den Höhen des Reichensteiner Gebirgszuges bemerken wir
den 339 Meter hohen Johannesberg, gekrönt von der dominirenden Sommerresidenz
der Fürstbischöfe von Breslau, derzeit des edlen und erleuchteten Cardinals Dr. Georg
Kvpp. Herrlich ist der Anblick, wenn wir den alterthümlichen Schloßbau und seine Umgebung
von den nahen gegen Nordost ziehenden Hügeln aus betrachten. Das Gebirge erscheint da
als ein imponirendes, nach Süden abgegrenztes Amphitheater, dessen Flügel östlich bis über
Znckmantel, westlich über Weißwasser hinausreichen, während im Vordergründe Schloß
Johannesberg aus die blühenden Fluren und ungezählten Ortschaften zu seinen Füßen nieder
schaut. Dunkel bewaldete Bergkegel mit lichtschimmernden Felsenklippen bilden den Übergang
zu jenen Berggestalten, die sich im Südosten zu täuschender Höhe aufthürmen. An ihre festen
Schultern lehnen sich zahlreiche Nebenketten, ans denen der Falkenberg, sowie die glocken
förmige Bischofskoppe nächst Zuckmantel besonders auffallen. Liebliche Überraschung bereitet
auch ein Blick aus den Fenstern der Schloßgemücher von Johannesberg. Wir bewundern
da von lustiger Höhe einen großen Theil Qberschlesiens mit dem fruchtbaren Reißen lande,
in welchem Dörfer und Städte als lichte Punkte im blauen Ferndnst entschwinden. Ans
Schloß Johannesberg, so stimmungsvoll zu poetischer Anregung geschaffen, verlebte der
heimische Dichter Josef Freiherr von Zedlitz seine Jugendjahre; auch der liebenswürdige
Romantiker Eichendorff zählte oft zu den Besuchern dieser fürstlichen Einsiedelei. An der
südwestwärts gegen das Gebirge führenden Paßstraße liegt das Dorf Krautenwalde mit
seinem einfach würdigen, monumentalen Gotteshanse und südöstlich in reizender, vom
Krebsbach durchflossener Waldlandschaft die pittoreske Ruine der Burg Reichenstein.
Von dem unterhalb des Johannesberges befindlichen Städtchen Jauernig gelangen
wir bald zur österreichischen Landesgrenze. Der uns umgebende Landstrich verräth durch
seine traulichen, gartenumgrüntcn Häuschen und wohlgepflegten Ackergründe den Fleiß und
den Wohlstand einer arbeitsamen Bevölkerung. Wir passiren das industrielle Barzdors,
östlich davon Ober-Hermsdorf mit einer landwirthschaftlichen Mittelschule und endlich