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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 1 und 2)

fernöstlichen Vorlagen erweisen, ein Zeichen des lebhaften 
künstlerischen Einflusses des chinesischen Stils auf den türki- 
schen. Durch die wechselseitigen (Iesrtndtsehaften zwischen den 
Höfen und Kunsllenlren fand auch ein lebhafter Kunstaustztusch 
statt. Ohne seine Wege in Einzelfällen näher zu kennen. hat 
uns die eben erst begonnene Durehforsehung dieser unschätz- 
baren Sammlung von fliegenden Blättern des 15. Jahrhunderts 
höchst überraschende Einblicke in das asiatische KunSllcben 
in seiner Blütezeit eröffnet. Wir sehen mit Spannung der Aus- 
gabe eines vollständigen Kataloges mit Abbildung aller künst- 
lerisch wertvollen Blätter entgegen. 
Abb. 6: Eine beliebte Kamgösfigur - der Pferdedieb. 
 
EIN CHINESISCHER SETZSCHIRM AUS PEKINGLACK 
IM PALAIS SCHWARZENBERG 
Von ERNST 
KOI. 
LER 
Im Zuge der vollständigen Wiederherstellung des Palais Schwar- 
zenberg in Wien, die im Jahre 1957 im wesentlichen abgeschlos- 
sen war, wurden nunmehr drei wichtige Stücke des Inventars 
restauriert und aufgestellt. Es handelt sich um drei chinesische 
Paravents, von denen zwei - einer aus Koromandellaek, der 
andere aus Pekinglack - so bedeutend sind, daß sie „Alte und 
moderne Kunst" einer breiten Schicht von Kunstliebhabern 
durch Veröffentlichung bekanntmachen will. 
Während die Publikation des Koromandel-Patravents einem spä- 
ter erscheinenden Heft vorbehalten bleibt, steht diesmal der 
Setzsehirm aus Pekinglack zur Diskussion. 
Dieses Möbelstück besteht bei einer Gesamthöhe von 235cm 
aus sechs mit Scharnieren verbundenen Teilen, deren jeder 
64 cm breit ist. Vorder- und Rückseite sind von je einer umlau- 
fenden Blütenbordüre umgeben, die ein sich über alle Teile 
erstreckendes Bildfeld umfaßt. Auf der Vorderseite sieht man 
eine große jagddarstellung, auf der Rückseite eine Berg- und 
Flußlandschaft mit reicher, eingestreuter figuraler Staffage. Die 
Vorderseite ist - neben dem klassischen Schwarz-Gold-Akl-zord 
- unter Verwendung leuchtend bunter Farben ausgeführt, wäh- 
rend man sich auf der Rückseite auf die obgenannten Grundtöne 
beschränkt. 
Befassen wir uns zunächst mit der Vorderseite, deren Motive es 
gestatten, den Setzsehirm kurzerhand als "jagdparavent" zu 
bezeichnen. Die Bordüre besteht aus Wellenranken mit Piionien- 
blüten, die in zwei verschiedenen, in sich wiederum Schattier- 
ten Rosatönen gehalten sind. Im Rankenwerk Selbst bemerken 
wir phantastische Vögel in den Farben weiß, schwarz und rot. 
Das Hauptfeld als solches wird zur Gänze von einer in vielen 
Details geschilderten jagdszene ausgefüllt. Schauplatz des Vor- 
ganges ist ein reich gegliedertes, felsiges Gelände, das im Hinter- 
grund von einer Kette zuckerhutartiger Berge abgeschlossen 
wird, und in sich durch kleine Bachläufe und eingestreute Archi- 
tekturen aufgelockert erscheint. Die Vegetation besteht im we- 
sentlichen aus üppigem Baum- und Buschwerk, unter dem wie- 
derum Koniferen dominieren. Von einer Gesamthandlung kann 
nicht die Rede sein; eingegliedert in die so vielgestaltige Land- 
schaft erscheinen die Jäger, die zumeist beritten sind und vor- 
wiegend in Gruppen zu zweicn auftreten. Sie sind mit Pfeil, 
Bogen, Gewehren und Lanzen bewaffnet. In der rechten Bild- 
hälfte sieht man mehrfach Reiter, die Trompeten blasen, um 
das Wild aufzuscheuchen, während andere Berittene Fahnen und 
Standarten tragen, dic in Zinnoberrct gehalten sind und das 
kaiserliche Emblem, den fünfklauigen Himmelsclrachen, tragen. 
Ganz rechts außen bemerken wir auf der Terrasse eines mehr- 
stöckigcn jagdpavillons eine hohe Persönlichkeit ohne jede Be- 
gleitung, die das Geschehen betrachtet. Die oben beschriebenen 
Fahnen erlauben es, diese Figur als die des Herrschers zu inter- 
preticren. 
Ein leiser Zug unfreiwilliger Komik wird durch die Tatsache 
angedeutet, daß sich der ganze jagdaufwand nur um sehr be- 
scheidener Objekte willen vollzieht; wir bemerken an Wild 
lediglich einige Vögel und Hasen, ferner ein wicsel- oder 
fuchsartiges Tier. Ein jiigerpaar wird beim Ausweiden 
eines Rehes dargestellt, ein anderes trägt erlegtes Wild (in be- 
scheidenstcr Zahl) heim. Das Genremäßigc dominiert völlig 
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