fernöstlichen Vorlagen erweisen, ein Zeichen des lebhaften
künstlerischen Einflusses des chinesischen Stils auf den türki-
schen. Durch die wechselseitigen (Iesrtndtsehaften zwischen den
Höfen und Kunsllenlren fand auch ein lebhafter Kunstaustztusch
statt. Ohne seine Wege in Einzelfällen näher zu kennen. hat
uns die eben erst begonnene Durehforsehung dieser unschätz-
baren Sammlung von fliegenden Blättern des 15. Jahrhunderts
höchst überraschende Einblicke in das asiatische KunSllcben
in seiner Blütezeit eröffnet. Wir sehen mit Spannung der Aus-
gabe eines vollständigen Kataloges mit Abbildung aller künst-
lerisch wertvollen Blätter entgegen.
Abb. 6: Eine beliebte Kamgösfigur - der Pferdedieb.
EIN CHINESISCHER SETZSCHIRM AUS PEKINGLACK
IM PALAIS SCHWARZENBERG
Von ERNST
KOI.
LER
Im Zuge der vollständigen Wiederherstellung des Palais Schwar-
zenberg in Wien, die im Jahre 1957 im wesentlichen abgeschlos-
sen war, wurden nunmehr drei wichtige Stücke des Inventars
restauriert und aufgestellt. Es handelt sich um drei chinesische
Paravents, von denen zwei - einer aus Koromandellaek, der
andere aus Pekinglack - so bedeutend sind, daß sie „Alte und
moderne Kunst" einer breiten Schicht von Kunstliebhabern
durch Veröffentlichung bekanntmachen will.
Während die Publikation des Koromandel-Patravents einem spä-
ter erscheinenden Heft vorbehalten bleibt, steht diesmal der
Setzsehirm aus Pekinglack zur Diskussion.
Dieses Möbelstück besteht bei einer Gesamthöhe von 235cm
aus sechs mit Scharnieren verbundenen Teilen, deren jeder
64 cm breit ist. Vorder- und Rückseite sind von je einer umlau-
fenden Blütenbordüre umgeben, die ein sich über alle Teile
erstreckendes Bildfeld umfaßt. Auf der Vorderseite sieht man
eine große jagddarstellung, auf der Rückseite eine Berg- und
Flußlandschaft mit reicher, eingestreuter figuraler Staffage. Die
Vorderseite ist - neben dem klassischen Schwarz-Gold-Akl-zord
- unter Verwendung leuchtend bunter Farben ausgeführt, wäh-
rend man sich auf der Rückseite auf die obgenannten Grundtöne
beschränkt.
Befassen wir uns zunächst mit der Vorderseite, deren Motive es
gestatten, den Setzsehirm kurzerhand als "jagdparavent" zu
bezeichnen. Die Bordüre besteht aus Wellenranken mit Piionien-
blüten, die in zwei verschiedenen, in sich wiederum Schattier-
ten Rosatönen gehalten sind. Im Rankenwerk Selbst bemerken
wir phantastische Vögel in den Farben weiß, schwarz und rot.
Das Hauptfeld als solches wird zur Gänze von einer in vielen
Details geschilderten jagdszene ausgefüllt. Schauplatz des Vor-
ganges ist ein reich gegliedertes, felsiges Gelände, das im Hinter-
grund von einer Kette zuckerhutartiger Berge abgeschlossen
wird, und in sich durch kleine Bachläufe und eingestreute Archi-
tekturen aufgelockert erscheint. Die Vegetation besteht im we-
sentlichen aus üppigem Baum- und Buschwerk, unter dem wie-
derum Koniferen dominieren. Von einer Gesamthandlung kann
nicht die Rede sein; eingegliedert in die so vielgestaltige Land-
schaft erscheinen die Jäger, die zumeist beritten sind und vor-
wiegend in Gruppen zu zweicn auftreten. Sie sind mit Pfeil,
Bogen, Gewehren und Lanzen bewaffnet. In der rechten Bild-
hälfte sieht man mehrfach Reiter, die Trompeten blasen, um
das Wild aufzuscheuchen, während andere Berittene Fahnen und
Standarten tragen, dic in Zinnoberrct gehalten sind und das
kaiserliche Emblem, den fünfklauigen Himmelsclrachen, tragen.
Ganz rechts außen bemerken wir auf der Terrasse eines mehr-
stöckigcn jagdpavillons eine hohe Persönlichkeit ohne jede Be-
gleitung, die das Geschehen betrachtet. Die oben beschriebenen
Fahnen erlauben es, diese Figur als die des Herrschers zu inter-
preticren.
Ein leiser Zug unfreiwilliger Komik wird durch die Tatsache
angedeutet, daß sich der ganze jagdaufwand nur um sehr be-
scheidener Objekte willen vollzieht; wir bemerken an Wild
lediglich einige Vögel und Hasen, ferner ein wicsel- oder
fuchsartiges Tier. Ein jiigerpaar wird beim Ausweiden
eines Rehes dargestellt, ein anderes trägt erlegtes Wild (in be-
scheidenstcr Zahl) heim. Das Genremäßigc dominiert völlig
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