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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 1 und 2)

schöpften Anregungen Pate. Daniel (iran war, als er seine erste 
selbständige Arbeit in Wasserburg schuf, noch hei Gregor Wcrle__ 
in der Lehre. Ein Jahr später, 1719, reiste er im Auftrag und 
mit Unterstützung seines großen Gönners, des Fürsten Schwar- 
zenberg, nach Italien. Unter dem Eindruck der dortigen lirfah-v 
rungen wuchs dann sein eigenes Können zu jener Höhe, die 
seine Kunst auszeichnet. 
Eine weitere Kostbarkeit besitzt Wasserburg in den sechs Pan- 
neaux, die in die Boiserien eines Salons des Hauptschlosses ein- 
gefügt sind und in Öl en camaieu, grün in grün, gemalte 
Chinoiserien Zeigen. Straßcn- und Hnfenszenen, sowie die 
Darstellung eines Mahles im Palastgttrten des chinesischen 
Kaisers sind hier mit der Fabulierlust des 18. Jahrhunderts und 
der Verzauberung, mit der diese Zeit alles Chinesische umgab, 
dargestellt. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, die 
märchenhafte Stimmung dieser bildlichen Erzählungen, oder die 
hohe künstlerische Qualität der Malerei, deren Stil und Technik 
die venezianische Herkunft dieser Tafeln vermuten läßt. je- 
denfalls stellen sie in unserem Lande cin Rarissimum auf dem 
Gebiet der Innendekoration dar. Die Geschichte dieses Ensem- 
bles läßt sich bis auf Napoleon I. zurück verfolgen, der es seiner 
Adoptivtochter, Stephanie de Beauharnais, anläßlich ihrer Hoch- 
zeit mit dem Großherzog von Baden zum Geschenk machte. 
Heute steht Wasserburg völlig leer da. Es wurde während der 
Besatzungszeit seiner beweglichen Einrichtung zur Gänze be- 
raubt. Nur die Fresken Daniel Grans und die venezianischen 
Chinoiserien blieben in den öden Räumen erhalten. Der Kon- 
trast zwischen den Zeugnissen derart subtiler Geschmackskul- 
tur und der Brutalität aller Verwüstungen ringsum ist nahezu 
symptomatisch für die heutige Zeitsituation. 
Da das Schloß vor dem Kriege mit allem Komfort ausgestattet 
war, würde die Instandsetzung der mutwillig zerstörten Anlagen 
ein Vermögen verschlingen. Daher mußte sich der Besitzer ent- 
schließen, mit seiner Familie in das Verwalterhaus zu über- 
siedeln, das mit viel Geschmack zu einem wohnlichen Land- 
haus umgestaltet wurde. 
GESTÜ RTE 
IDYLLE 
DIE 
WELT DES 
MALERS 
ANTON 
LEHMDEN 
ZUR AUSSTELLUNG IN DER GALERIE WÜRTHLE, DEZEMBER 1958 
Von JOHANN MUSCHIK 
Ihrer heutigen Stufe nneh ist die Welt des Malers Anton Lehm- 
den gestörte Idylle, Urwelt, Nnlurwelt, in die Feindschaft und 
Krieg einbrnchen. Das Paradies wird zur Walstatt, aus Zärt- 
lichkeit Messerkampf. Die Erde fängt zu berslen an, riesen- 
große Stücke Landschaft fliegen in die Luft, fallen übereinander. 
Blicke öffnen sich in dnS Innere der Natur, hinab in Schluchten, 
Sehründe. Eine Schollergruhe schwingt mächtig aus. Erdnneito- 
mie wird betrieben, Geologie. Felsen brennen. 
Aber immer noch wachsen die (iräser, deren jedes einzelne, das 
cr mit haarfeinem Pinsel malt, der Künstler gleichsam in Liebe 
umfiingt. Es gibt Schluchtenbilder von Lehmden, die voll sind 
von einem lyrischen Zauber. Feine Harmonie waltet, adelt das 
seinem Ursprung nach Ungefüge. Der Gurten Eden ist zu er- 
ahnen. Und „Drei Köpfe". wild und fremd und zugleich groß- 
artig und edel, blicken auf den Beschauer. 
Mit Darstellungen des Naturhaftcn und des Menschlich-Sym- 
pathischen hat der Maler Anton Lehmden begonnen. Eines seiner 
frühen Bilder heißt „Die Familie", die er, ein kleines Gruppen- 
porträt, Brustporträt, mit rührcnder Gehärde in den Vorder- 
grund einer brueghelhalt klaren Winterlandschaft stellt. 
Lehmden, Sohn eines Landwirts und Gärtners, wurde 1929 in 
Neutra in der Slowakei geboren. Er hat zwei Brüder und eine 
Schwester, bei der er - sie war in Bratislavn ansässig - die 
letzte Zeit des Krieges verbrachte. 1945 mußte die Familie die 
Heimat verlassen, lebte zuerst in Gänserndorf (Niederösterreich), 
wo Lehmdens Vater einen Gärlnereihelrieh aufmachte. Dann 
übersiedelte Lchmden nach Wien. 
Seine Studien absolvierte er 1945 bis 1950 bei Robin C. Ander- 
sen und A. P. Gütersloh an der Akademie der bildenden Kün- 
ste, mehr noch bei Brueghel, Rembrandt, Altdorfer und den 
Meistern der italienischen Renaissance des 15. Jahrhunderts im 
Kunsthistorischen Museum. Hier (und auf der Akademie) traf er 
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