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Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter, Fritz janschka
(welcher inzwischcn nach Amerika ausgewandert ist). S0 wurde
die Gruppe der „Wiener Surrealisten" geboren, die der nun in
Paris lebende, aus Saarbrücken gebürtige Wahlösterreicher Ed-
gar jene gewissermaßen aus der Taufe hob.
Die „Wiener Surrealisten" besitzen ein vollendetes Handwerk.
Ihre Welt ist phantastisch, bei aller realistischen Meisterschaft
des Details. jeder der Künstler hat seine eigene Weltsicht, jeder
sein eigenes Temperament: der Archaiker und Lyriker Anton
Lehmden, der wissenschaftlich gesinnte und expressiv starke,
„enzyklopädischf Rudolf Hausner, der Troubadour und, auf
eine reiche Weise, anmutige Wolfgang Hutter, um nur drei
Beispiele zu nennen. Erich Brauer und Helmut Leherbauer stie-
ßen später zur Gruppe.
Was insbesondere für Lehmden einnimmt, ist eine ungemeine
Innigkcit der Empfindung. Aufgewachsen in einer vertrauten
Welt von patriarchxtlisch-menschlichen Beziehungen und in-
mitten geliebter Natur, die plötzlich fremd geworden war durch
Eintritt schrecklicher Ereignisse (der Krieg, die Vertreibung),
hat er diese Welt mit Vertrautheit und Liebe, mit Phantasie
und nicht ohne ein Element der Grausamkeit, der Verfremdung
schließlich auch wiedergegeben.
Er wird nicht müde, die Einzelheiten der Natur, jeden Gras-
halm, jeden Käfer, jeden Buckel, jede Mulde auf das genaueste
zu studieren. Mit einem feinen Pinsel, Strich neben Strich, sehr
kurz, und Haken neben Haken setzend, baut er seine Moosdeckcn,
seine bärtigen Gewächse auf, stuft er das Grün harmonisch und
voller Reichtum ab. Tümpel erscheinen und viel lebendige Kreatur.
Die Akribie, der sich Lehmden hefleißigt, hindert nicht die Ent-
stehung großer Formen. Auch außerordentlich viel Rhythmus,
ein musikalisches Aufund Ab, ein Hin- und Herwicgen ist in den
Himmeln und Landschaften Lehmdens, in seinen feinen, schlan-
ken Bäumen, in seinen Hügeln und Teichen. Gestirne kreisen,
Vögel stoßen in die Luft. Ganze Kosmogenien gehen dort oben
vor sich.
Zu dem gotisch-herben frühen „liamilicnbild" stößt die phan-
tastische „Familie" von 1951 mit dem zigeunerhaften Typus,
ein Bildchen, ein Aquarell, reich an malerischen Ereignissen;
wie die renaissancehaft-strahlcndc „Landschaff von 1952, in
welcher es zugleich Sommer (rechts) und (links) Winter ist.
Die animalisch zärtlich aneinandergeschmiegten „Zwei Köpfe"
(Aquarell) von 1953 stellen das Erlebnis der Liebe in einer un-
nennbar feinen und gesteigerten Weise dar.
Den Krieg hat Lehmdcn nicht als Soldat mitgemacht. Seine Aus-
wirkungenhatergesehcn.VerwescndqZerfetzteliegen auf einem
Kampfplatz; Natur wiegt sie ein (Graphik, 1955). Vereinzelte
Waffen sind im Gras verstreut, der Krieg rollt mit Donner und
Getöse am Horizont einer weiten, leeren Landschaft dahin. An
einem schmalen, ebenfalls getroffenen Baum links im Vorder-
grund lehnt ein nackter Verstümmelter, am Baume rechts steht
leidend ein anderer Mensch. Ganz vorne, aus einem Erdloch,
guckt ein winziges Selbstporträt des Künstlers („Kriegsbildf
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