ROBERT
OBSIEGER
Von IGNAZ SCP
LOSSER
Österreich tritt - genauso wie andere Kulturbereiche - nur in
weiten Zwischenräumen führend in die Geschichte der Kera-
mik ein. ,
Am Ende des Mittelalters beginnt, besonders in Oberösterreich
und Salzburg, eine Blütezeit der Hafnerkeramik, die bis weit
ins 17. Jahrhundert hinein andauert. Wenn sich auch nur wenig
Gefäßkeramik erhalten hat, so zeugen doch zahlreiche Kachel-
öfen und Kacheln von der Bilder- und Erzählerfreudigkeit sowie
von der Freude an bunten Glasuren bei den Hafnern dieser Zeit.
Weite Gebiete Österreichs wurden entweder direkt mit den Er-
zeugnissen der alpenländischen Hafnerwerkstätten beliefert oder
wandernde Gesellen vermittelten das Erlernte und Geschautc in
alle Nachbargebietc.
Von der Blütezeit der Fayence, die thematisch in jenen Ländern,
die ostindischc Handelsgesellschaften besaßen, unter dem Ein-
fluß des ostasiatischen Porzellans stand, erreicht Österreich
selbst in den Traditionsgebieten der Keramik nur ein leichter
Wellenschlag.
Dagegen erlebt Österreich eine zweite Blütezeit der Keramik
in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und zwar in Wien.
Hier gründet 1718 DuPaquier seine privilegierte Porzellan-
manufaktur; eine Manufaktur, die in den rund fünfundzwanzig
Jahren ihres Bestandes in materieller Hinsicht stets notleidcnd
war, die aber in künstlerischer Hinsicht ein Produktionspro-
gramm aufzuweisen hat, an das nicht so leicht eine andere
Manufaktur heranreicht. Es handelt sich in Wien weniger um
große, reich ausgestattete Service, als um eine Vielfalt von Ge-
fäßformen ansprcehendster Art für die verschiedenartigsten
Zwecke. (In der für die Wiener Manufaktur so erfolgreichen
Sorgenthal-Zeit bedeutet die Gefäßform fast nichts, der male-
rische Dekor dagegen alles.)
In den Pausenzciten, cine lange tritt nach der Mitte des 18. jahr-
hunderts für Österreich ein, schläft die keramische Produktion
natürlich nicht völlig ein, aber sie führt kein Eigenleben, sie
lebt von besseren oder schlechteren fremden Vorbildern oder in
ländlichen Gebieten von der laufenden Produktion traditionell
bewährter Gefäßtypen.
Die mageren keramischen jahre, die auf die DuPaquieHsche
Porzellanmanufaktur folgen, dauern in Österreich recht lange
- sie sind aber nebenbei gesagt in anderen Ländern auch nicht
viel fetter. Aus der Blütezeit der Hafnerkeramik sind uns Namen
von Meistern wohl überliefert, doch gelingt es kaum, bestimmte
Werke mit bestimmten Namen in Verbindung zu bringen. In der
Wiener Porzellanmanufaktur der DuPaquier-Zeit handelt es
sich um die Leistungen einer Werkstätte, deren Mitglieder uns
unbekannt geblieben sind, da sich über diesen Betrieb keinerlei
Akten erhalten haben; und selbst wenn sich Akten erhalten
hätten, müßte nicht notwendigerweise daraus hervorgehen, wel-
chem Meister wir die einfachen und kapriziösen Geiäßiormen
zu verdanken haben.
Die Zeiten der Wiener Werkstätte, die für manche Teile des
Kunstgewerbes so ergiebig waren, blieben für die Keramik recht
unfruchtbar. Porzellanmanufaktur stand in Wien keine zur Ver-
fügung, und was hatten Töpferwaren schon zu bestellen zwischen
Gold, Silber, Elfenbein, Seide und Edelhölzern.
Aber inzwischen wächst ein Mann heran, der in seinen Lehr-
jahren alles kennenlernt und kennenzulernen trachtet, was es
über die Kunst und Technik der Keramik kennenzulernen gibt.
Inzwischen lernt das Abendland immer mehr die jahrhunderte
alte keramische Produktion Chinas kennen und schätzen. Der
Mann nimmt auf seinem Bildungsgang alles in sich auf, was
ihm an keramischer Schönheit begegnet, von der schlichten Ein-
falt und Zweckmäßigkeit traditioneller Gefäßformen bis zu den
Finessen chinesischer Form- und Glasurkünste, von den Brenn-
schwierigkeiten keramischer Großplastiken bis zu den Einge-
weiden eines gut funktionierenden Kachelofens. Ein keramischer
Großbetrieb gibt ihm die Möglichkeit, sein Wissen und Können
an jüngere Kräfte weiterzugeben und schließlich beauftragt ihn
Abb. 1: Robert Ohsieger.
Krüge mit verschiedenarti-
gen Glasuren.
[Ysterreichluches Museum
1m angewandte 1mm