EIN UNBEKANNTES
P O RTRÄTG LAS
VON DOMINIK BIMANN
Von
HANS K. RAMISCI
l)ie Vorliebe, die der Adel und das Bürgertum des frühen 19.
Jahrhunderts für das Miniaturporträt hegten, - ein Erbe, das
Lavatcr mit seinem Werke „Physiognomischc Fragmente der
Menschenerkenntnis und Menschenliebe" (1755) hinterlassen
hatte, - traf in den böhmischen Bädern auf eine andere Vorliebe
derselben Kreise für das edle geschliffene Glas und vereinigte
sich mit jene) [.11 einem neuen Kunstzweig: dem gravierten Mi!
niaturbildnis auf Glas, wie es der nordböhmische Graveur Domi-
nik Bimann in dem dnmals vielbesuchten liranzensbad schnitt.
Es waren eben keine Gebrauchsgläser, die man mit so wert-
), wild. Portrxtt der Frau Greding (1821;
vollem Schmuck versehen ließ, sondern kostbare Andenken an
Tage der Muße und Erholung in froher Gesellschaft. Als An-
denken waren sie einzigartig und unwiederholbrtr, weil jedes
Stück - ebenso wie das gemltltc Miniaturbildnis - nur nach
dem Modell vom Künstler gezeichnet und dann auf ein jeweils
verschiedenes, hundgeschliffenes Glas graviert werden konnte,
S0 unterschieden sie sich von den üblichen „Badebcchern" und
Andenkengläsern, die auf Vorrat fertig und wohlfeil waren.
Auch die Tatsache, dnß der Künstler allein, ohne Gesellen ar-
beitete, erhöhte den künstlerischen und den Seltenheitswert Sei-
ner Arbeiten.
Diese Seltenheit der Werke wurde unserem Künstler zum Ver-
hängnis. lir geriet bald nach seinem 'l'ode in Vergessenheit und
erst zu Beginn unseres Jahrhunderts, in dem im jahre- 1923
erschienenen Werk von (iiustav Ii. Pttzaurek „Die Glaser der
Empire- und Biedermcierzeit" finden sich erste Nachrichten über
Leben und Werk von Dominik Bimann. Seither ist noch einige:-
von seinen Schöpfungen .tufgefunden worden, doch kennen wir
bis heute nur wenige Arbeiten von ihm.
Pokal mit gcsrhnittenem ltlcdaillon von Dominik Btmann
So mag es gerechtfertigt erscheinen, einem eben ttufgefundenen
Glas mit einem Damenporträt ein paar Zeilen zu widmen.
Das Glas befindet sich als alter littmilienbesitz in einer Privat-
simmlung in Älünehcn. Es ist ein liulilacclwer, H5 mm hoch,
sechsseitig, mit abgesetztem kreisförmigen Mundrttnd mit einem
Durchmesser von 92 mm. Der liuß hat einen Durchmesser von
89 mm.
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