te Kreuzigungsgruppe, deren Rest die johanneaiigur ist, dürfte
nst in der dem heiligen Kreuz geweihten Seitenknpelle der
arothccrkirchc aufgestellt gewesen sein. (Regcsten zur Ge-
hichte des Chorherrenstiltes St. Dorothea in Wien; in „Wiener
iözesanblatt" 1890, S. 92.) Wahrscheinlich gehört sie noch in
e Zeit des Kanzlers Andreas Plank, der als Erzieher, Lehrer
1d schließlich als Kanzler auf Herzog Albrecht V. großen
nfluß hatte. Er erwies sich Zeit seines Lebens als Wohltäter
s 1414 durch Seine Bemühungen gegründeten Augustincr-Chor-
Trenstillcs St. Dorothea.
diesem Kloster verbrachte er die letzten Jahre seines Le-
zns und starh dort 1435. Seine Überreste befinden sich seit
1787 in Klosterneuburg, mit dem das Chorherrenstift bei seiner
Aufhebung vereinigt wurde. Kloster und Kirche wurden zum
Versatzamt bestimmt und beide beim Neubau, 1898, abgetra-
gen. Die (Überreste von Grabsteinen, Architekturtcilen und ln-
schriftplatten, die man nach Fertigstellung des neuen Gebäudes
im Schutte fand, wurden gesammelt und in die Mauer eines der
Höfe eingelassen. Damals wurde auch der Torso aus den Trüm-
mern aufgelesen und dem Historischen Museum übergeben. Dort
verschwand er für einige Jahrzehnte im Depot, um jetzt im
neuen Gebäude des Historischen Museums der Stadt Wien einen
seiner Bedeutung für die mittelalterliche Plastik dieser Stadt
würdigen Platz einzunehmen.
,INE NEUERWORBENE WIENER
TADTANSICHT VON DER WENDE DES 16. JAHRHUNDERTS
Von ALFRED MAY
n jahre 1957 erwarb das Historische Museum aus dem Kunst-
mdel ein altes Blatt, das auf seiner Vorderseite eine künstle-
sch reizvolle Skizze der Innenstadt Wien in seitcnvcrkehrter
ufnahme mit interessanten topographischen Details der Wende
rs 16. jhs. zeigt. Da nur wenige Originalaufnahmcn des alten
adtbildes überliefert sind, stellt diese anonyme Zeichnung -
zder mit Wasserfarben und leichter Tusche - eine bemerkens-
erte Bereicherung des musealen Bestandes dar. Das mit Was-
mzeichen versehene Papier, wahrscheinlich einem handschrift-
chen Codex entnommen, weist beträchtliche Spuren von alten
:häden auf, die anscheinend im 19. jh. restauratorisch behan-
zlt worden sind. Es ist ungleich beschnitten und aus drei Teilen
isammcngesetzt (Gesamtformat 150 : 585).
ie Zeichnung stammt offensichtlich aus der Zeit, in der die
itscheidende Entwicklung der künstlerischen Darstellung von
ar Illustration zum Bild ihren Abschluß fand. In der Renais-
tnce tritt an die Stelle der mittelalterlichen Illustrationskunst
le neuzeitliche Bildkunst.
zadtansicht und Landschaftsbild führten im Mittelalter kein
genständiges künstlerisches Leben. Sie finden sich stets nur
ls illustrierende Folie, als Hintergrund eines meist religiösen
ordergrundgeschehens auf den Tafelgemälden der Gotik oder
t Miniaturmalereien mittelalterlicher Handschriften. Freilich
achte der Künstler unrealistisch, nicht die Wirklichkeit, son-
ern seine Vorstellung, seine Phantasie gestaltete das Werk.
.uch die Ansichten im Hintergrund der Bilder waren zunächst
lebilde der Phantasie. ganz allgemeine Andeutungen der Stadt
nd der Landschaft. Doch setzte sich bereits im 15. jh. immer
tehr die Wirklichkeit durch. S0 treten die ersten Darstellungen
es Wiener Stadtbildes im Hintergrund spätgotischer Altarbildcr
1 Erscheinung. Am Ende des 15.]hs. zeigt sich die Stadtansicht
us dem Figurenbild gelöst - die Stadt wird um ihrer selbst
'illcn gesehen und im Bilde dargestellt. Sie ist zum Thema
igener, wirklichkeitsbewufltet" Darstellung geworden. Es dauert
ber noch ein volles jahrhundert, ehe die Stadtansicht von allem
eiwerk der Phantasie des Künstlers befreit erscheint. Das mäch-
tige Fortschreiten der Wissenschaft in der Renaissance versetzt
den nun der Wirklichkeit ganz aufgeschlossenen Menschen in
die Lage, die Realitäten des Lebens auch naturgetreu abzu-
bilden.
Die Entwicklung der Geometrie wirkt entscheidend auf die Dar-
stellung des Stadthildes. Der Geometer und Radierer Augustin
Hirschvogel erfand die Triangulierung und führte bereits 1547
trigonometrische Punktbestimmungen nur durch Winkelmes-
sungen und Richtungsbeobachtungen aus. Er bediente sich dieser
Methode bei seiner Vermessung der Stadt Wien und schuf damit
den ersten wissenschaftlichen Stadtplan. Hirschvogels radiertc
Stadtprofile von Norden und Süden beruhen in ihrer Richtigkeit
auf einem geometrischen Maßstab und auf einer naturgetreucn
Wiedergabe des tatsächlichen Baubestandes.
In die Entwicklung -- dieser Bericht kann sie nur andeuten -
hineingcstellt, erweist sich unsere Zeichnung als eine sehr [let'-
sönlichr: Betrachtung des Wiener Stadtbildes am Ende des l6.]hs.
Es ging dem unbekannten Künstler nicht um die geometrische
Aufnahme der Stadt inmitten ihrer Umgebung, er wollte einfach
ihre Silhouette - der landschaftliche Hintergrund fehlt völlig -,
wie sie sich ihm von Süd-Südwesten bot, in seiner Auffassung
nachzeichnen. Daraus wurde eine Skizze, die bei aller Einfach-
heit in der Führung der Feder und des Pinsels das Vermögen
künstlerischer Einfühlung und Deutung verrät. Die Einfachheit
ist nicht Primitivität, sondern Ausdruck von Wärme, Gefühl
und Anteilnahme. Das Stadtbild wird nach der Natur skizziert,
ohne Vorlage, die Ansicht ist daher weder Ableitung noch Nach-
bildung. Schon die Gestaltung des Vordergrundes,hintcr dem die
Stadt sich erhebt, offenbart das rein künstlerische Sehen des
Zeichners. Das baumbestandene, sanft hügelige Vorgeländc, in
dem Obst- und Weingärten und kleine Felder eingebettet liegen
und einige (im Umriß angedeutete) Menschen ihrem Tagewerk
nachgehen, lagert sich weich vor der Stadt, ohne die betonte
geometrische Abgrenzung der liortifikation, durch die die Pro-
filaufnahme des 16. jhs. bereits charakterisiert wird. Der Zeich-
ner verzichtete darauf, die neuen, 1551 bis 1561 entstandenen
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