mit dem Ankleiden und der allgemeinen Schönheitspflege zu
verstehen, bei der die Damen Zeit fanden, sich an angenehmer
Lektüre zu erfreuen, während die Zofe oder der Friseur sie
bedienten. Diese Annahme beweist der Titel eines im Jahre
1791 bei M. Laitrc' erschienenen Almanachs: „Lesebuch für
Frauenzimmer an der Toilette oder in müßigen Stunden". Hin-
gegen bringen Taschenbücher, deren Titel nicht darauf schlie-
ßen läßt, Zahlreiche Modebilder. Wie immer die Titel dieser
Almanache auch lauten mögen, aus allen geht eindeutig ihre
ausschließliche Bestimmung für die Damenwelt hervor. Hier ist
vor allem das langlebigste Wiener Taschenbuch dieser Art
zu nennen, der „Damenkalender zum Nutzen und Ver-
gnügen", der von 1786 bis 1796 bei G. Ph. Wucherer, von
1797 bis 1803 bei C. P. Rehm erschienen ist. Ab 1797 zeichnet
in ihm der Verfasser der bekannten Eipeldauerbriefe (Josef
Richter) als Herausgeber.
Der ab 1786 bei Sebastian Hartl erschienene und ab 1808 von
J. G. Müller weitergeführte „Almanach der neuesten Moden"
konnte sich bis 1830 behaupten.
Bei Hieronymus Löschenkohl erschienen in der Zeit zwischen
1785 bis 1807 Damen-Taschenbücher mit Modekupfern wie der
„Kalender der Küsse für Freundschaft und Liebe", „Etrenncs
des Graces pour les Dames" und viele andere.
Der „Almanach für das schöne Geschlecht", bei Thomas Edl.
v. Schmidbauer verlegt, übertraf an Ausstattung und Inhalt alle
übrigen Wiener Damenalmanache seiner Zeit. Man findet in
ihm Carl Schütz, den bekannten Wiener Vedutenstecher und
Johann Berka als Illustratoren.
Der „Romantische Taschenkalender für Damen auf das Jahr
1799" dürfte weniger seiner sechs unsignierten Modeblätter
wegen, als vielmehr wegen des Hinweises „Herausgegeben vom
Verfasser des schwarzen Ritters" (Ritterroman von Jos. Alois
Gleich) von den Wiener Damen gekauft worden sein. Eine
gute Reklame-Idee, die entweder vom Herausgeber selbst oder
von der F. A. Hoffmeisterischen Buchhandlung, die dieses Ta-
schenbuch verlegt hat, aufgegriffen worden ist.
Auch das bei Franz Milde von 1807 bis 1841 erschienene „Ta-
schenbuch zum geselligen Vergnügen" hringt in mehreren Jahr-
gängen Modekupfer von Johann Berka und von Johann Kaspar
Weinrauch.
Ab 1826 kam der „Almanach der Liebe und Freundschaft", der
vorher in der Hohenleitterisehen Buchhandlung erschienen
war, bei F. W. Pfautsch heraus. Dieselbe Buchhandlung brachte
auch die lange Reihe des Taschenbuches „Iduna", das neben
bedeutenden literarischen Beiträgen und Erstdrucken von 1823
bis 1845 durchwegs vier bis sechs farbige Modekupfer auf-
weist.
Sehr rührig in der Produktion von Damenkalendern war in der
ersten Hälfte des 19. Jhs. der Wiener Buchhändler Joseph Riedl.
Bei ihm erschien vor allem der langlebige „Freund des schönen
Geschlechts" (1804 bis 1848), der bis zum Jahrgang 1840 sehr
feine Modestiche enthält.
Der bei Georg Müller im Jahre 1823 verlegte „Mode-Almanach
für Damen" bringt signierte Modestiche von Josef Stöber nach
Zeichnungen von S. Perger. Josef Stöber ist der Vater des
Stechers Franz Xaver Stöber, der die „Wiener Modenzeitung"
(später „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und
Mode") von 1816 bis 1844 mit Modekupfern versorgte.
Wollen wir uns nun dem Inhalt der Wiener Damenalmanache
zuwenden! Da wir es ja mit sogenannten „Jahresbüchlein" zu
tun haben, geht dem übrigen Text immer ein Kalendarium
voran, das mit Monatskupfern versehen ist, welche meistens so
wie die im Text eingestreuten Illustrationen von bedeutenden
Künstlern gestochen Sind und die Modekupfer fast immer an
Qualität übertreffen.
Den GeschenksvCharakter dieser Almanache bezeichnet das häu-
fig in den französischen Titeln wiederkehrende Wort „Etrennes",
das im Deutschen „Geschenke" oder „Gaben" bedeutet.
Maroquimchubcr und Einband mit bemaller Perlmutterauf-
lage des "Wiener Kalenderl auf das Jahr 1778".
Gepräge eines zierlichen "Loilettengegenstandes als das eines
nüchternen Taschenbuches. Das gilt besonders für die Erzeug-
nisse der Wiener Produktion, die wohl die bedeutenden
„Taschenbücher für Frauenzimmer" Deutschlands inhaltlich
zum Vorbild nimmt, in der Ausschmückung aber eigene, ge-
fälligere Formen aufweist.
Die Einbände sind aus dem verschiedenartigsten Material, vor-
wiegend mit Moiree in zarten Zwischentönen überzogen und mit
gravierten und bemalten Pcrlmutterauflagen oder Metallbeschlä-
gen geschmückt. Leder- oder Halblederbändchen mit reicher
Rand- oder Eckenvcrzierung in Goldprägung findet man häufig.
Interessant sind aber auch jene Bändchen, deren Einbanddeckel
aus bemalten Kupfertäfclchen bestehen. Dem Geschmack der
Zeit entsprechend, stellen diese Olminiaturen Schäferszenen,
heroische Landschaften und dergleichen dar. Im Zeitalter des
Klassizismus treten bei den Einbandblättern und gestochenen
Titelbildern Porträtmedaillons historischer Persönlichkeiten und
mythologische Darstellungen in den Vordergrund. Im Vormärz
bemerken wir hauptsächlich Freundschaftssymbole oder roman-
tische Szenen, die den Karton- oder Seideneinbänden aufge-
druckt sind. Im Innern sind dem oberen Einbanddeckel häufig
Spiegelchen aufgeklebt. Die Schuber sind aus Leder oder Pappe
und meist mit seidenen Zugbandern versehen.
Mannigfaltig wie die Ausstattung ist der Inhalt dieser Büch-
lein. Finden wir auch im Titel das Wort „Mode" in allen mög-
lichen Zusammensetzungen, so gibt es doch kein einziges unter
ihnen, das nur der Mode allein dient. Die Bezeichnung
„Toilettcn-Almanach" ist nicht so aufzufassen, daß der Inhalt
nur aus Beschreibungen von Toiletten - im Sinne von Kleidern
- besteht. Vielmehr findet man gerade in dieser Art von Da-
menalmanachen wenige, in manchen Jahrgängen überhaupt
keine Modekupfer. Die „Toilctte" ist hier als die Beschäftigung
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