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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 4)

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auf die menschlich-künstlerische Bedeutung ihrer Erzeugnisse, 
vorherrschen lassen, so ergäbe sich eine Nivellierung, die in 
der Langeweile des Mittelmaßes alles Interesse an der geschicht- 
lichen Entwicklung erlahmen ließe. Man darf nie vergessen, 
daß Museen erzieherische Aufgaben haben. Das Auge, das Se- 
hen, vielleicht der menschlichstc Sinn, vermag am besten ein 
Interesse zu erwecken. das dann weiterführt. Daher muß es in 
Museen etwas Starkes, Lebendiges, Packendes zu fassen bekom- 
men. Wer durch ein Museum geht, muß die Vergangenheit in- 
teressant und der Erforschung wert finden. 
Von diesen Überlegungen ist man heim Bau des neuen Heimes 
für die Bestände des Wiener Stadtmuseums ausgegangen. Es 
sollte ein modernes, ins Leben wirkendes Museum sein - und 
daher mußte seine Grundaufstrllung ein Maß haben, das sie 
innerhalb einiger Stunden faßbar machte. Der Leiter eines ver- 
wandten, ja geradezu brüderlichen Instituts, des Historischen 
Museums von Frankfurt a. M., hat neulich schöne Worte über 
die Aufgabe einer solchen Grundaufstellung veröffentlicht: 
„Eine ständige, für lange Zeit gültige Aufstellung sollte . . . 
nur die Stücke auswählen, die Qualität haben, in die der Mensch, 
der sie schuf, etwas von seinem Wesen und dem Wesen seiner 
Zeit hineinlcgte, das aus ihnen heraus auf die Menschen jeder 
Zeit wirken kann. Die in den Museen gezeigten Objekte sollen 
nicht zu Illustrationsmitteln einer geschichtlichen Darstellung, 
und dic Museen selbst nicht zu geschichtlichen Bilderbüchern 
werden." Das ist auch die Antwort auf die oft auftauchende 
Frage, ob nun Raum genug da sei, alles auszustellen. Nein, der 
ist natürlich nicht da, aber das ist auch gut so. Denn historische 
Museen haben eine zweifache Aufgabe, die eine, so viel als 
möglich von den historischen Denkmälern zu bewahren und in 
Depoträumen, gut gepflegt, zu schützen, und die zweite, pri- 
märe, die Hans Botls soeben zitierten Sätze umreißen. Zu der 
ersten Aufgabe, der Bewahrung historisch bedeutsamer Objekte, 
gehört auch die Veranstaltung von Sonderausstellungen mit den 
verschiedenartigsten Themen, in denen dann nicht dauernd aus- 
gestellte Objekte innerhalb eines sinnvollen Zusammenhangs 
für einige Monate Platz finden können und müssen. Und ebenso 
gehört zu dieser Aufgabe, so weit cs sich um Werke der Gra- 
phik und der Photographie handelt, deren geordnete Aufstellung 
und deren Bereitstellung für die Wissenschaft und für jenes 
Publikum, das nicht nur aus Scbaulust, sondern aus Wissens- 
durst und Bildungsdrang weiter forschen will, als es ihm die 
Daueraufstellung erlaubt. 
Das Museumsgebäude weist eine klare Einteilung auf. Von seiner 
Eingangshalle aus geht man rechts in die Grundaufstellung, ge- 
radeaus in die Sonderausstellung und ganz links über eine 
Stiege in die Graphik- und Pbotographiensammlung im ersten 
Stock. Von diesen Teilen ganz abgetrennt liegt gegen die Made-r- 
straße der gesamte Verwaltungstrakt mit der Direktion und 
darüber, mit gutem Licht, die Restaurierwerkstätte für Bilder. 
Im Keller befinden sich die übrigen Restaurierwerkstiitten und 
die Depots, unter ihnen das für die vor- und frühgeschichtlichen 
Objekte, das zugleich ein Arbeitsraum ist, wie übrigens auch 
ein zweites großes Depot mit kleinen und kleinsten Sammlungs- 
gegenständen, die so nicht zur Arbeit weggebracht zu werden 
brauchen. Das ganze Haus ist vollklimatisicrt, auch der Keller. 
Besonders wichtig war es bei einem Historischen Museum, einen 
eindeutigen Gang durch die Geschichte zu ermöglichen. Bei all 
den Prunkbauten mit zentralen Stiegenanlagen bedeutet es heute 
eine große Schwierigkeit, Sammlungen historisch aufzustellen 
und dem Publikum den Weg dazu auf einfache Art zu weisen. 
Die Verlegung der Hauptstiege in einen in den Hof hinaus ge- 
rückten Anbau und die Teilung der Ausstellungshallen aller 
Stockwerke durch eine Mittelwand hat es ermöglicht, mit 
nur wenigen Hinweisen diesen Gang durch die Geschichte 
festzulegen. 
Es muß zum Abschluß gesagt werden, daß die kurze Vorberei- 
tungszeit vor der Eröffnung und der Umstand, daß es unmög- 
lich war, in zehn Jahren den Restaurierungsrückstand vieler 
Jahrzehnte nachzuholen, für den Direktor des Museums und 
seine Mitarbeiter das (Jefühl erzeugt, es würde mitten in ihrer 
Aufstellungsarbeit das Haus noch unvollendet eröffnet, ein Ein- 
druck, den hoffentlich der Besucher dennoch nicht haben wird. 
Aber was ist schon vollendet? Und müssen wir nicht auf jeden 
Fall weiterarbeiten und alles besser machen, neue Erkenntnisse 
gewinnen und wiederhergestellte, Objekte hinzufügen? Werden 
das die Generationen nach uns nicht weiter und immer weiter 
so halten?
	        
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