EIN RELIEFFRAGMENT AUS DEM KREISE HANS DAUCHERS
Von
ERWIN NEUMANN
Im jahre 1822 verzeichnen: Kustos Aloys Primisser im „Rech-
nungsjournale der k. k. Amhrasser Sammlung in Wien" die llr-
werbung eines „fragmentierten Basreliefs von Albrecht Dürer,
mit dieses Meisters Zeichen versehen, vorstellend die Wächter
am Hl. Grabe" l. Sei es indessen, daß schon dem Erwerber hin-
sichlieh der Zuschreibung des Objektes an Dürer gewisse Be-
denken gekommen wären, oder sei es, daß sein Zustand von An-
fang ztn als ein allzu ruinöser empfunden worden wäre: es wurde
das besagte Relief sogleich nach seiner inventarischen Einver-
leibung deponiert, um erst neuerdings aus seiner völligen Ver-
gessenheit hervorgeholt zu werden. Was uns heute von diesem
Gegenstand noch vorliegt ist freilich nicht viel mehr als eine arg
verstümmelte Ruine, die Ruine eines Kunslwerkes allerdings
von recht bedeutendem Rang.
Der erhaltene Rest dieseS Auferstehungsreliefs (das Material ist
gelbliehgrauer Sohlnhofcner Stein) besteht aus vier einzelnen
Bruchstücken, die wohl noch im 19. jahrhundert in der auf der
Abbildung ersichtlichen Weise in eine Gipsunterlage eingebettet
worden sind (Abb. 1);'-' an der annähernd waagrechten Bruch-
stelle zwischen den beiden kleineren Schollen links oben und den
beiden unleun befinden sich einige kleinere Fehlstcllen, die
ebenfalls mit Gips ausgefüllt sind. Der obere Rand des Gipshin-
tergrundes ist rechts zu einem unbekannten Zeitpunkt ausge-
brochen. Die erhaltene Relieffläche ist in ihrer größten Ausdeh-
nung ungefähr 62 cm hoch und ungefähr 70cm breit. Am un-
teren Rande des Reliefs befindet sich das Monogram Albrecht
Dürers, auf Grund dessen wohl die seinerzeilige Klassifizierung
vorgenommen wurde.
Leider ist die Provenienz dieses Stückes nicht weiter zurückzu-
verfolgen als eben bis zum jahre 1822. Nach der Angabe des
zitierten Reehnungsjournales wurde das Relief im Mai jenes jah-
res von dem „hiesigen" (d. h. damals in Wien ansässigen) Bild-
hauer Johann Schmelzer" um den Betrag von 90 fl. erkauft; an-
geblich sei es in Korneuburg „gefunden" wordenÄ Immerhin
schließt das verhältnismäßig frühe Erwerbungsdatum jeden Fäl-
schungsverdacht aus; eine derart überzeugende Einfühlung in
Abb. 1
. Hans Dauchcr oder engster Umkreis: Fragment eines Auferstchungsreliefs.
Sumlllhlng um mmk und Kunnlgewerbu, Wien, Kunnlhlstorlsches Museum
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