Gemächer der Königinmutter Elisabeth bestimmt waren. Die
auf den Kacheln abgebildeten Personen: der Gemahl Kasimir
und der geliebte Sohn der Königin Johann Albertus bekräftigen
diese Vermutung. Die Öfen konnten frühestens um 1505 her-
gestellt worden sein (die früheste Entstehungszeit des Holz-
schnittes), alsolaml Lebensabend der Königin, die im Herbst
desselben Jahres verschied.
Die auf zwei Kacheln erhaltenen lateinischen Inschriften „BAR-
THOSC FEClT" und „DE KAZIMIRIA FECIT" lassen den
Verfasser erkennen. Die Person eines Hafners namens Bartholo-
mäus tritt oftmals in den Urkunden auf. Er wohnte in der kgl.
Stadt Kazimierz bei Krakau (heute Krakaus Vorstadt) und war
lange Zeit am Hofe als Kaehelmeister beschäftigt. Leider fehlt
in den nur fragmentarisch erhaltenen Dokumenten irgend-
eine Erwähnung, claß Bartholomäus die vergoldeten Ofen ver-
fertigt hätte.
Die Krakauer Kachelkunst zu Anfang des 16. Jhdts., die ihren
Ausdruck in den Werken von Bartholomäus findet, ist mit der
damaligen mitteleuropäischen Kachelerzeugung eng verwandt.
Die Thematik, der Stil und die Erzeugungstechnik deuten auf
die Beziehungen mit zwei Kachelzentren hin: dem österreichi-
schen (Salzburg, Tirol) und dem ungarischen (Buda). Der pflanz-
liche Dekor der Wawelkacheln, obwohl „diszipliniert" und den
Regeln der Symmetrie streng untergeordnet, verbindet sich
augenscheinlich mit der üppigen, phantasievollen Pflanzenwelt
des Ofens aus der Festung Hohensalzburg. Dieselbe Verwandt-
schaft der beiden Gruppen ist auch in der Reliefausführung und
im Kolorit der Kacheln zu bemerken. Dieser Zusammenhang,
der die Einwirkung des Salzburger keramischen Zentrums auf
Krakau vermuten läßt, hat seinen Grund in den vielseitigen
Kontakten zwischen Polen und Österreich, welche am Ausgang
des Mittelalters und unter der Herrschaft des Kasimir Jagello
und seiner Gemahlin Elisabeth (Tochter Albrechts II. von Habs-
burg) zur besonderen Auswirkung gelangt waren. Elisabeths Ver-
dienste um die Verbreitung der Kontakte zwischen Österreich
und ihrer zweiten Heimat Polen sind bekannt und i.n der Fach-
literatur betont. Man nimmt sogar an, daß die Vermittlung der
Königin einen entscheidenden Einfluß auf die Einbürgerung
des Veit Stoß in Krakau ausgeübt hatte!
Auch mit Ungarn war Polen damals dynastisch eng verbunden.
Seit 1490 hatte den tschechisch-ungarischen Thron Ladislaus I.
inne, der Sohn Kasimirs und Bruder der drei nächsten polnischen
Könige; Johann Albertus, Alexander und Siegmund. Der pol-
nische Thronfolger und spätere König Siegmund verweilte
vielmals am Budaer Hofe als Gast seines Bruders. Daß der junge
Fürst die künstlerischen Kontakte zwischen Buda und Krakau
eifrig förderte beweist die Tatsache, daß er im Jahre 1502 den
bekannten, in Buda tätigen italienischen Baumeister Franz von
Florenz nach Krakau kommen ließ, um ihn mit dem Umbau
des Wawelschlosses zu beauftragen. Wie es die zuletzt in Un-
garn durchgeführten Forschungen nachweisen," existierte im
Budaer Palast zur Zeit Ladislaus" ein prächtiger, mit bunter
Zinnglasur bemalter Ofen, dessen Kacheln mit einer tiefreliefier-
ten thronenden Gestalt des Königs Matthias geschmückt waren.
Siegismund hatte bestimmt den Ofen gesehen. Vielleicht ist ihm
schon damals eingefallen, ein ähnliches Kunstwerk in Polen
verfertigen zu lassen?
Die Verwendung von Zinnglasur auf den Wawelkacheln be-
kräftigt die Vermutung, daß auch auf dem Gebiet der Keramik
unmittelbare Kontakte zwischen Krakau und Buda existierten.
Es ist beachtenswert, daß in Ungarn, als erstem Land in ganz
Mitteleuropa, schon zu Ende des 15. Jhdts. die Zinnglasur zur
Kachelverzierung angewandt wurde.
Alle diese Forschungsergebnisse dienten der Wiederherstellung
von zwei vergoldeten Öfen, die einst in den königlichen Ge-
mächern des Schlosses Wawel gestanden haben. Da aber heute
irgendeine Differenzierung des Aussehens dieser zwei Ofen man-
gels entsprechender Angaben unmöglich ist, haitte man nur
Rekonstruktion eines Früh-Rcnaissance-Ofcns aus dem
Schlossc Wawcl, Krakau.
einen Ofen rekonstruiert, dessen Form als Synthese des vermut-
lichen Aussehens beider Öfen gedacht ist. Bei der Rekonstruk-
tion wurde in Betracht gezogen: die Form und die Konstruk-
tionseigenheiten der gefundenen Kacheln, die archivalischen
Urkunden. die über die Form von anderen Ofen berichten, die