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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 6)

tike in Byzanz und im Abendland das ganze Mittelalter hindurch 
tradiert wurden. Am augenfälligsten aber wird diese doppelte 
Verankerung in den Figuren. Dieselben Körper, die von zacki- 
gen, sich erst leise rundenden Falten umschrieben, kraftvoll 
vor die Rahmung treten, werden Zugleich weitgehend in ein 
Flächenornament umgesetzt; ein Ornament freilich, das sich 
in seinen „naturalistischen" Blattmotiven wieder ganz auf der 
Höhe der Zeit zeigt und an Eleganz auch Meisterleistungen 
der westlichen Gotik an die Seite gesetzt werden kann. Natur- 
gemäß kann sich die, gegenüber den strengen Formgesetzen 
der Romanik neue Unmittelbarkeit der Anschauung in Neben- 
figuren, wie in denGrabwächternderAuferstehung,kompromiß- 
loser durchsetzen als in den großen Repriisentationsfiguren. Daß 
aber auch in ihnen kein Bruch fühlbar wird, bezeugt das über- 
legene Formgcfühl des Glasmalers, das imstande war, Über- 
kommenes und Neues in eine künstlerische Einheit einzusehmel- 
zen. Diese Sicherheit in einer stilistisch zwielichtigen Situation 
spricht wohl dafür, daß unsere Folge das Werk eines reifen 
Mannes ist, der, im sicheren Besitz seiner künstlerischen Mittel, 
genügend weltoffen ist, um den neuen Strömungen Eingang zu 
gewähren. 
Die geschilderte Situation der Stilwende selbst, die eine formal 
ausgerichtete Terminologie als Übergang vom zackhrüchigen 
zum schönlinigen Stil bezeichnet, fällt in unserem Kunstraum 
ziemlich genau mit der Wende vom 13. zum 14. jahrhundert 
zusammen, wenngleich in einiger Entfernung von den Zentren 
die Entscheidung noch jahrzehntelang hinausgezögert wird. Da 
wir es aber mit hervorragenden und zugleich repräsentativen 
Werken zu tun haben, die einem der großen Babenhergischen 
Hausklöster entstammen müssen, dürfen wir die Entstehung der 
Folge wohl um das Jahr 1300 annehmen. 
In ein viel undurchdringlieheres Dunkel ist dagegen die Hcr- 
kunft der Glasgemälde gefüllt, trotzdem es auf den ersten Blick 
genügend Anhaltspunkte dafür gibt. Da ist zunächst das sorg- 
fältig gezeichnete Kirchenmodell zu Füßen des herzoglichen 
Stifters, das mit guten Gründen mit der Stiftskirche in Lilien- 
feld identifiziert wurde. Vor allem das singuläre Motiv der (in 
Lilienfeld heute zugemauertcn) gewaltigen Strebepfeiler am Quer- 
schiff und das westlich daran anschließende Hallenjoch machen 
fast zur Gewißheit, daß wir es hier mit einem, in jener Zeit 
noch seltenen, Porträt eines Kirchenbaues zu tun haben. Dar- 
nach wäre der dargestellte Herzog mit dem Stifter Lilienfelds, 
Leopold VI. dem Glorreichen, zu identifizieren. Allerdings be- 
sagt das noch nicht, daß unsere Glasgemälde für Lilienfeld 
geschaffen worden sind, es sprechen sogar gewichtige Gründe 
dagegen. Einmal die Tatsache, daß figürliche Scheiben von 
dieser Monumentalitägwie "ie von vornherein wohl nur für einen 
Kirchenraum, nicht etwa für einen Kreuzgang oder einen son- 
stigen Nebenraum halh profanen Charakters bestimmt sein 
konnten, in einer dem Bilderverhot unterliegenden Zistcrzienser- 
kirche in jener Epoche noch keinen Platz hatten. Das Beispiel 
von Heiligenkreuz mit seiner noch erhaltenen ornamentalen 
Chorverglasung im Gegensatz zu den figürlichen Darstellungen 
im Brunnenhaus mag diese Haltung des Ordens beleuchten. Zum 
anderen aber besitzt die Herzogscheibe ja ein weibliches Gegen- 
stück, dessen Inschrift: M.F.N.Agnes. die wohl als Marchio- 
nissa fundatrix nostra Agnes zu lesen ist, die Identifizierung 
mit Agnes, der Gemahlin Leopolds des Heiligen ergibt alnd 
damit eine Beziehung auf das erst unter den Nachkommen ge- 
gründete Lilienfeld eindeutig ausschließt. Vielmehr wird die aus- 
drückliche Bezeichnung der Markgräfin Agnes als „Griinderin" 
nur im Zusammenhang mit Klosterneuburg ganz verständlich, 
wo der persönliche Anteil der Fürstin seine Spiegelung in der 
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