fane Querrichtung entgegen. Gleichzeitig vollzieht sich in der
Kapitellzone eine merkwürdige Veränderung. Die Rippen um-
schließen die Säulen kastenartig; sie finden an ihnen keinen
Halt mehr. Es scheint als würden sich zwei Bewegungen inein-
ander verschränken: Eine Entwicklung, die sich in Pabneu-
kirchen (O. Ö.) und Stcinakirchen (N. Ö.) allmählich vorbereitet
und in St. Valentin stärkste Wirkung erreicht. Bei den Wand-
diensten ist ein ähnliches Prinzip zu beobachten. Sie knicken
rechtwinkelig, aber weichen der Last aus und geben ihr keine
Stütze. Mitunter vor-schränken sie sich in der Wand oder ver-
klammern sich in Überkreuzungen links und rechts von runden
Konsolen. Nun ist es nur mehr ein kleiner Schritt zur völligen
Loslösung der Decke. Die schwingenden raumgreifenden Rip-
penlinicn - „gewundene Reihungen" ist eigentlich ein
schlechter Ausdruck, da er das dekorative Element zu sehr be-
tont - identifizieren sich mehr und mehr mit der Bewe-
gung des Gewölbes. Was in Seitenschiflen (Gresten, Asch-
bach) oder in kleinen Zentren (Sindelburg) noch isoliert
war, wird unter dem Einlluß Benedikt Rieths und Pil-
grams ein beherrschendes Prinzip. Die Säule ist in Weistrach
(N.O.) der AuSgangSpunkl der Bewegung. Von ihr steigen die
Rippenschleifen gleich Fontänen empor, sie binden sich nicht
mehr zu einem waagrecht geschlossenen System, sondern hän-
gen sogar, ihrer Stütze beraubt. als mächtige Zapfen in die Sil-
houette des Chorbogens. Diese letzte dynamische Steigerung
(um 1520), die sich allmählich stufenweise heranbildet, ist dem
Krcnslcttcn bei St. Peter i. d. Au-Scilcnstellen. Inneres der Pfarrkirche.
Hallenchor um 1500.
Rems bei St. Valemin. Filialkirche. limporenbrüstung, Holz, um 1500.
rnarkt spiralenförmig empor. Wenn sie in ihrcr monumentalen
Rundung belassen wird, dann hat das Kapitell die Aufgabe, jener
aufstrebenden Kraft kontrastreich emgegenzuwirken.
Alle diese Veränderungen bedingen eine ganz andere Auffas-
sung von der Funktion der Decke, zu der die Blicke des Be-
trachters entschieden hingelenkt werden. Statt eines allmähli-
chen Verklingens der Linien in den sich überkreuzenden Rip-
penbahnen, beschließt nun eine einheitliche Fläche den Raum.
In gleichmäßiger Bewegung werden alle drei Schiffe erlaßt.
Dadurch wird die Wölbung zur Bildfläche. Eine Rippenfigura-
tion, die im Graphisch-Expressivcn jener Zeit ihre Wurzeln
hat, tritt beherrschend hervor.
Kassetten und Bogenlinien finden sich in Krenstetten noch in
ausgewogener Harmonie. Bald aber wird dieses Motiv, das in
Steyr zum ersten Mal auftritt, dekorativ. In Aschbach (NÖ)
schmückt es das letzte Joch des rechten Seitenschiffes und durch-
zieht, zu Querleisten zusammengeschlossen, die Wölbungcn in
Scheibhs, Gaming (um 1515) oder St. Valentin (1522). Der
Längsachse des Raumes stellt sich, wie bereits erwähnt, die pro-
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