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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 9)

HAYDNS 
GEBURTSHAUS 
IN 
ROHRAU 
Von RUPERT FEUCHTMÜLLER 
Es gibt in Österreich wenige Künstlergedenkstätten, die eine 
ähnliche Volkstümlichkeit erreichten wie Joseph llaydns Ge- 
burtshaus in Rohrau. Das kleine strohgedeckte Bauernhaus, das 
sich der Wagnermeister Matthias llaydn um 1728 erbaut haben 
dürfte, hat sich bis zum heutigen Tag unverändert erhalten. 
Obwohl der große österreichische Komponist nur die frühesten 
jugendjahre - mit sechs Jahren kam er zu Seinem Onkel nach 
Hainburg - inmitten der ländlichen Umgebung seines Geburts- 
ortes verbrnehte, hing er mit besonderer Liebe an seiner Heimat. 
Selbst auf der Höhe seiner Erfolge, als er in Oxford zum Doktor 
der Musik promoviert wurde und sich sein Ruhm in allen Län- 
dern Europas verbreitet hatte, bekannte er sich stolz zu seiner 
bäuerlichen Herkunft. Obwohl er mit adeligen und gekrönten 
„Ihr holden Philomelen 
belebet diesen Hayn, 
und lasst durch tausend Kehlen 
diess Lied verewigt sein." 
„Ein Denkmahlstein für Haydn's Ruhm 
weiht diesen Platz zum Heiligthum, 
und Harmonie klagt wehmuthsvoll, 
dass dessen Hand einst modern soll." 
Zur Besichtigung dieses Denkmals war der eben von seiner 
triumphalen Englandreise zurückgekehrte Haydn 1795 nach 
Rohrau gekommen. Damals besuchte er auch sein Geburtshaus, 
 
lrliiuiatern Umgang hatte, blieb er doch - wie er selbst sagte - 
der einfache Mensch, der er von Anfang an war. 
Diese Worte sind mehr als eine pietätvolle Empfindung, sie sind 
Ausdruck seines innersten Wesens. Aber auch Rohrau war stolz 
auf seinen berühmten Sohn. Graf Leonhard IX. von Harrach, der 
Grundherr von Rohrau, ein der Geschichte des Landes geistig 
sehr verbundener Mann, faßle schon 1791 den Plan, joseph 
Haydn ein dauerndes Denkmal zu setzen. Dem romantischen 
Empfinden seiner Zeit gemäß, schul er dafür eine malerische 
Insel in der Leithaau und errichtete 1793 ein Monument, das, 
ähnlich wie bei Mansields Stich (1781) mit einem Musikstilleben 
geschmückt war. Es ist ein Werk des Bildhauers joseph Kempl 
(1755-1831). Die Büste sehul Jakob Prokop erst 1838 nach dem 
Vorbild Grassis. Die beiden erhaltenen Liedlexte (am Sockel des 
Denkmals) von Gabriele von Baumherg, der Melodie cinrs An- 
dantes von Joseph Haydn unterlegt, geben Zeugnis von jener 
innigen Verehrung, die man dem Künstler entgegenbrachie. 
das nach dem Tod seines Vaters, der es bis zum Marktrichter des 
Ortes gebracht hatte, 1763 in fremden Besitz übergegangen war. 
Von dankbaren Erinnerungen bewegt, kniete er, wie die Uber- 
lieferung berichtet, nieder und küßtc die Schwelle. Auch auf die 
harte Ofenbank soll Haydn verwiesen haben, wo er olt als Knabe 
gesessen hatte, wenn er mit seinem Vater Lieder zur Harfe 
sang. 
Wieder in die große Stadt Wien zurückgekehrt, war er Rohr-au 
weiterhin verbunden. So ließ er im 3. Helt der 1800 erschienenen 
„Oeuvres complets" auch einen Kuplerstich seines Denkmales 
von Kinninger und Boht aufnehmen und zeigte, wie man erzählt, 
in Wien allen seinen Besuchern stolz ein Holzmodell seines 
Rohrauer Monuments. Die ersten Ansichten seines Hauses dürf- 
ten jedoch erst kurz nach seinem Tod im Druck erschienen sein. 
Wir wissen von den Bleistiftzeichnungen und Aquarellen 
Michael Mayrs und kennen den Stich nach Friedrich Berndt. Ihn 
dürfte auch Ludwig van Beethoven in Händen gehabt haben.
	        
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