auch für sich selbst schaffen zu können. In diesen glücklichen
Stunden entstanden oft als eine Art Erinnerungsnotiz die Farb-
studicn der großen Gemälde, die zu den kostbarsten Zeugnissen
der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts gehören. Sie
haben ihre Ergänzung in einem kaum iibersehbaren Bestand von
Handzeichnungen und Skizzenbuchbliittern, in denen sich die
ersten Ideen flüchtig gestalteten. Man staunt über die Kraft der
lavierten Rohrfederzeichnungcn, über die Okonomie der flüch-
tigen Bleistiftnotizen und vor allem über den unerschöpflichen
Reichtum der Einfälle, die auf dem kleinen Raum eines einzigen
Blattes die Bildidee immer wieder von neuem variiert. Es ist
daher nicht verwunderlich, daß man sich diesen mehr privaten,
rein künstlerischen Gestaltungen, vor allern im Zeitalter des
Impressionismus mit großem Verständnis näherte und in Gauer-
mann einen modernen Künstler sah, der durch Zeichnung und
Kolorit der gegenwärtigen Auffassung verwandt ist.
So begegneten sich neuerlich die Kontraste. Einc kunstgeschicht-
liehe Betrachtung, die nicht allein ästhetisch wertend an die Ver-
gangenheit herantritt, sucht in der Vielfalt neuerlich die Einheit:
neben den Dokumenten der Zeit erkennt sie den individuellen
künstlerischen Ausdruck: sie wird Gauermanns große Leistung
in den frühen Landschaftsbildern, in den Zeichnungen, Detail-
studicn und in den späten Farbkompositionen hervorheben.
Gauermann verlieh der Malerei des 19. Jahrhunderts eine eigcne
Note. Es gibt keinen zweiten Maler, der- freilich nur in seinen
besten Werken - die Stimmung, die Atmosphäre und die R0-
mantik einer dramatisiertcn Landschaft mit solcher suggestiven
Kraft zu formen wußte.
Friedrich Gauermann wurde am 20. September 1807 in Mie-
senbzieh-Scheuchenstein geboren. 1824 kam er an die Aka-
demie der bildenden Künste in Wien und unternahm im glei-
chen jahr seine erste große Studienreise in das Salzkammer-
gut. 1827 vollendete er sein akademisches Studium. In die-
sem Jahr luhr er nach Dresden und München. 1836 ernannte
ihn die Wiener Akademie zu ihrem ordentlichen Mitglied.
Weitere Reisen führten ihn 1838 und 1843 nach Obcritnlien.
Er starb am 7. Juli 1862 in Wien und fand am Friedhof von
Scheuchenstein seine letzte Ruhestälte.
Friedrich Gauermann, Füchse in der Felsschlucht. O1 auf
Leinen, 69 X 56 cm. 1840.
N. O. Landesmuseum, Wien.
seiner großen Erfolge, noch niemals sachlich und objektiv ge-
wertet, sondern nur vom Standpunkt der gegenwärtigen Kunst-
auffassung betrachtet. Man übte an Gauermann Kritik und zog
das Mazenatentum der Aristokratie, das sich in dieser Auf-
fassung aussprach, selten in Betracht. Während Waldmüller in
seiner Abgeschlossenheit nur seinen selbst gesteckten Zielen
leben konnte, befand sich Gauermann im Mittelpunkt des Inter-
esses. Seine Bilder wanderten nach England. Frankreich, Italien
und Rußland, wo sie durch ihre profilierte Eigenart zu einem
Begriff geworden waren. Freilich hatte ihnen die Konzession
an die "Mode" allein nicht diese bevorzugte Stellung errungen.
Man spürte damals schon in allem die souveräne künstlerische
Gestaltungskraft und bewunderte das Temperament dieses Ma-
lers der Stimmungen und Effekte. Gauermann selbst hatte diese
Mode - wie wir aus seinen eigenen Aufzeichnungen entnehmen
können - durchaus nicht zu seiner einzigen, gültigen Richt-
linie gemacht. Er beklagte seine übereilte Phantasie, den
Druck der stets wachsenden Nachfrage und war froh, ab und zu