den Vordergrund. Der größte Meister Frankreichs,
Poussin, ist mit einem Werk seiner frühen römischen Zeit
vertreten. Eine reiche Komposition La llires und eine
Ruinenlandschaft Patels vervollständigen die französische
Note. Auch einige italienische Werke klassischer Rich-
tung fügen sich dem Sammlungsgeschmack des späten
18. Jahrhunderts an: Die beiden großen Ruincnstücke
Panninis entsprechen dem Geschmack dieser Zeit ebenso
wie Batonis Susanna. Geradezu wie ein Gegengewicht zu
der herrschenden klassizistischen Doktrin ist die Vorliebe
für holländische Meister in der Goethezcit (wie ja auch
bei Goethe selbst) allgemein in der Kunstsammcltätigkeit
festzustellen. Das niederländische Ensemble der Har-
rachschen Galerie entsteht seit der Sammeltätigkcit des
Grafen Friedrich August in den Niederlanden. S0 be-
ginnt die Vorliebe für die Niederlande mit den flämi-
schen Meistern; das große Jagdstück von Snyders ist
z. B. eine Erwerbung des 18. Jahrhunderts, dem die Er-
werbung der kleineren flämischen Bilder folgt, unter
denen eine Beweinung von Van Dyck, die Studienköpfe
von Negern von Jan Brueghel und ein Damenbildnis
von Cornelis de Vos besonders hervorragen, während
der Ankauf der holländischen Landschaften bezeich-
nenderweise in die franziszeische Zeit fällt, in der in der
kaiserlichen Galerie ebenfalls auf diesem Gebiete Haupt-
stücke erworben Wurden, in der die l-lolländcrszimmlung
des Grafen Czernin entstand. Die Harrachsche Galerie
besitzt in Everdingens Felslandschaft und Ruisdaels
Flußlandschaft zwei sehr schöne Vertreter der hollän-
dischen Landschaftsmalerei. Den Charakter der Hollän-
dersammlung bestimmen aber zwei Bilder der Utreehter
Schule, Terbrugghens Betende Maria und Bylerts llei-
liger Sebastian, womit die Sammlung ihrem italianisie-
rend pathetisehen Stil treu bleibt.
Das sammlungsgeschichtlich jüngste ist zugleich das
künstlerisch früheste Ensemble. Graf Nepomuk Ernst be-
mühtesielydieC-alerieum eine (iruppevon Bilderndesspii-
ten Quattrocento zu vermehren. wozu noch einige Hoch-
renaissanccbilder zugefügt wurden. Damals ist der schöne
kleine Luini und der Mainardi erworben worden, und
die beiden Tondi aus der Werkstatt des Perugino und
Picro di Cosimo. Diese Ergänzung hat, wenn sie auch
dem Charakter der Baroekgalcrie nicht angepaßt war,
dem vor allem romanisch ausgerichteten Geist der Gale-
rie noch ein weiteres Übergewicht verliehen. Die Galerie
im Palais Harrach, das selbst von einem Italiener gebaut
wurde, ist somit ein Denkmal der südlichen Kulturvcr-
bundenheit der österreichischen Geistesentwicklung. Die
Abbildung dieses Palais, wie es zur Zeit der großen
Sammelläligkeit des Hauses Harrach ausgesehen hat,
bietet Bellottos Ansicht der lireyung. Dieses Bild wurde
erst im 19. jahrhunderl angekauft, ein Ankauf, der im
historischen Interesse an der großen Vergangenheit
seinen Grund gehabt hat. Dieses historische Bewußtsein
hat sich heute in der Wiederherstellung des Palais, wie
es Bellotto vor Augen war, manifestiert, ebenso wie in
der Neuauistellung der kostbaren Gemäldesammlung der
Grafen Harrach.