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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 4)

den Vordergrund. Der größte Meister Frankreichs, 
Poussin, ist mit einem Werk seiner frühen römischen Zeit 
vertreten. Eine reiche Komposition La llires und eine 
Ruinenlandschaft Patels vervollständigen die französische 
Note. Auch einige italienische Werke klassischer Rich- 
tung fügen sich dem Sammlungsgeschmack des späten 
18. Jahrhunderts an: Die beiden großen Ruincnstücke 
Panninis entsprechen dem Geschmack dieser Zeit ebenso 
wie Batonis Susanna. Geradezu wie ein Gegengewicht zu 
der herrschenden klassizistischen Doktrin ist die Vorliebe 
für holländische Meister in der Goethezcit (wie ja auch 
bei Goethe selbst) allgemein in der Kunstsammcltätigkeit 
festzustellen. Das niederländische Ensemble der Har- 
rachschen Galerie entsteht seit der Sammeltätigkcit des 
Grafen Friedrich August in den Niederlanden. S0 be- 
ginnt die Vorliebe für die Niederlande mit den flämi- 
schen Meistern; das große Jagdstück von Snyders ist 
z. B. eine Erwerbung des 18. Jahrhunderts, dem die Er- 
werbung der kleineren flämischen Bilder folgt, unter 
denen eine Beweinung von Van Dyck, die Studienköpfe 
von Negern von Jan Brueghel und ein Damenbildnis 
von Cornelis de Vos besonders hervorragen, während 
der Ankauf der holländischen Landschaften bezeich- 
nenderweise in die franziszeische Zeit fällt, in der in der 
kaiserlichen Galerie ebenfalls auf diesem Gebiete Haupt- 
stücke erworben Wurden, in der die l-lolländcrszimmlung 
des Grafen Czernin entstand. Die Harrachsche Galerie 
besitzt in Everdingens Felslandschaft und Ruisdaels 
Flußlandschaft zwei sehr schöne Vertreter der hollän- 
dischen Landschaftsmalerei. Den Charakter der Hollän- 
dersammlung bestimmen aber zwei Bilder der Utreehter 
Schule, Terbrugghens Betende Maria und Bylerts llei- 
liger Sebastian, womit die Sammlung ihrem italianisie- 
rend pathetisehen Stil treu bleibt. 
Das sammlungsgeschichtlich jüngste ist zugleich das 
künstlerisch früheste Ensemble. Graf Nepomuk Ernst be- 
mühtesielydieC-alerieum eine (iruppevon Bilderndesspii- 
ten Quattrocento zu vermehren. wozu noch einige Hoch- 
renaissanccbilder zugefügt wurden. Damals ist der schöne 
kleine Luini und der Mainardi erworben worden, und 
die beiden Tondi aus der Werkstatt des Perugino und 
Picro di Cosimo. Diese Ergänzung hat, wenn sie auch 
dem Charakter der Baroekgalcrie nicht angepaßt war, 
dem vor allem romanisch ausgerichteten Geist der Gale- 
rie noch ein weiteres Übergewicht verliehen. Die Galerie 
im Palais Harrach, das selbst von einem Italiener gebaut 
wurde, ist somit ein Denkmal der südlichen Kulturvcr- 
bundenheit der österreichischen Geistesentwicklung. Die 
Abbildung dieses Palais, wie es zur Zeit der großen 
Sammelläligkeit des Hauses Harrach ausgesehen hat, 
bietet Bellottos Ansicht der lireyung. Dieses Bild wurde 
erst im 19. jahrhunderl angekauft, ein Ankauf, der im 
historischen Interesse an der großen Vergangenheit 
seinen Grund gehabt hat. Dieses historische Bewußtsein 
hat sich heute in der Wiederherstellung des Palais, wie 
es Bellotto vor Augen war, manifestiert, ebenso wie in 
der Neuauistellung der kostbaren Gemäldesammlung der 
Grafen Harrach.
	        
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