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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 97)

 
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kommen, dem er sich dann nach Würzburg 
anschloß, um dort die an der Akademie 
erworbenen Kenntnisse zu verwerten. 7 
Die Beantwortung aller dieser Fragen 
werden Weitere Forschungen zu erarbeiten 
haben. Die Biographie dieses bedeutenden 
österreichischen Architekten ist längst 
fällig. 
Vielleicht vermag aber doch Hefeles erstes 
Werk, der Sonntagberger Altar, einige 
Hinweise zur Entwicklung des Künstlers 
vom Zeichner zum Architekten zu geben. 
- Es besteht kcin Zweifel, daß das Modell 
für den Rahmen des Gnadenbildes stilistisch 
eindeutig nach Würzburg weist. Mit Über- 
raschung wird man aber feststellen, daß 
die dortigen Vcrgleichsbeispiele weniger 
unter den Oeggkchen Gittern als vielmehr 
unter den Stukkaturcn und Verzierungen 
der Plafonds und Boiserien der Parade- 
zimmer zu finden sind. 
Dem Fortgang der Innenausstattung fol- 
gend und unter Berücksichtigung der ver- 
mutlichen Dauer von Hefeles Aufenthalt 
in Würzburg von 1737 bis 1742 kommen 
die Dekorationen folgender Raume als 
Anregung oder Vorbilder in Betracht. Die 
ersten verwendeten Formen finden sich 
unter den vergoldeten Zinnrahmen an den 
Fenstergewänden des Venezianischen Zim- 
mers; sie sind noch der Regence zuzu- 
ordnen (ausgeführt von Johann Rudolf 
Byß 1738)14. - Von den Rokokczimmern 
der Residenz bietet vor allem das Spiegel- 
kabinett, und da wieder besonders die 
Dekoration der Decke, reiches V ergleichs- 
material (entworfen von Antonio Bossi 
1740, von ihm ausgeführt 1741) 15. - All- 
gemein kann man sagen, daß der Rahmen 
Weniger mit den zarten, graphisch aufge- 
faßten Stukkaturen des Thronsaales (aus- 
geführt von Antonio Bossi 1740)16 oder 
des I. Alexanderzimmers (entworfen von 
Antonio Bossi, ausgeführt von Gesellen 
um 174O)17 übereinstimmt, als vielmehr 
mit den plastisch durchgebildetcn Kompo- 
sitionen des Spiegclkabinetts, den Schnitze- 
reien des Thronsaales (vor allem mit den 
Rahmungen des Kamin- und des Pfeiler- 
spiegels, entworfen von Ferdinand Hund 
1740, von ihm ausgeführt 1741[42)lß und 
in gesteigertem Maße mit den Stukkaturen 
des Weißen Saales oder „Sallc des Gardes" 
(ausgeführt von Antonio Bossi 1744). 
Die Verwandtschaft des Modells mit den 
Rahmungen und Kartuschen des Weißen 
Saales läßt sich nur so erklären, daß doch 
manches davon im Entwurf schon vor- 
handen War, ehe Hefele Würzburg verließ, 
oder daß er zwischen 1742 und 1745 noch 
einmal kurzfristig in die fränkische Resi- 
denzstadt kam. 
Die Gegenüberstellung des Rahmen- 
modells mit den ihm stilistisch und formal 
nahestehenden Würzburger Zicrformen hat 
ergeben, daß die nächsten Vergleichs- 
beispiele auf dem Weiten Feld der Innen- 
raumgestaltung, also im architektonischen 
Bereich, anzutreffen sind und weniger auf 
dem Gebiete der Schmiedekunst, wie man 
es zunächst vermuten würde. Diese Um- 
stände scheinen doch darauf hinzudeuten, 
daß der Aufenthalt in Würzburg für Hefele 
die entscheidende Wendung gebracht hat. 
Es wird wohl so gewesen sein, daß die 
Beteiligung an einem derart bedeutsamen 
architektonischen Unternehmen, wie es der 
Bau der Residenz war, und die Arbeit unter 
einem Baukiinstler vom Range eines Baltha- 
sar Neumann in Hefele den Entschluß 
reifen ließ, selbst den Beruf des Architekten 
zu ergreifen. Aus der Ähnlichkeit des 
Sonntagbcrger Rahmenmodells mit Deko- 
rationen in Würzburg kann man erkennen, 
mit welchem Interesse der junge Künstler 
den Fortgang des Residenzbaues verfolgte, 
Wie sehr er darauf bedacht war, Erfahrungen 
zu sammeln, die ihm für die Zukunft von 
Nutzen sein konnten, wenn er einmal sein 
Ziel erreicht hätte. Darum ging er nach 
Wien, um sich zunächst einmal als „Cer- 
tant" um den Architekturpreis zu bewerben 
und dann den einmal eingeschlagenen Weg 
weiter zu verfolgen. Daß er bei seinem 
ersten Auftrag gerade an so prominenter 
Stelle, wie bei der Gestaltung des Rahmens 
für das Gnadenbild, Ornamente verwendete, 
die er von Balthasar Neumanns Bau im 
Gedächtnis behalten hat, könnte man bei- 
nahe als ein „hommage ä Würzburg" be- 
zeichnen, in Erinnerung an seine dortige 
Tätigkeit und damit an einen Lebens- 
abschnitt, der für seine Laufbahn die ent- 
scheidende Wendung gebracht hatte. 
ANMERKUNGEN 8- 19 
l Die Restaurierung erfolgte im Auftrag des Stiftes Seiten- 
sterten, unter der Oberaufsicht des Bundcsdenkmalamtes, 
durch akad. Restaurator Michel Pfaffenbichler und seine 
Mitarbeiter. - Soweit es mir möglich war, den Silber- 
rahrnen am Altar in Sonlitagberg zu messen, sind seine 
Maße ungefähr: Höhe: 240cm, obere Breite: 215 cm, 
untere Breite: 187 cni. Die handwerklichen Angaben 
zum Rahmen verdanke iCh Herrn PfafTenbichler. 
9 Archiv Seitenstetten, 46 U, Fasz. 2. 
m Rudolf Guby, Melehiur Hefelu, ein vergessener Wiener 
Architekt, in: Monatsblatt des Altertums-Vereine: zu 
Wien, 35. Jg. (1918). s. 113. - Wilhelm Brenner, Melchior 
Hcfele, ein unvergessener österreichischer Architekt 
(1116-1794), in: Alte und moderne Kunst, 11. Jg. (1966). 
Heft 8B, S. 19; dort weitere Literatur. 
11 Archiv Seirenstcucxi, 46 B. Fasz. 2. 
12 Archiv der Akademie der bildenden Künste: Protokoll 
über die Preisverleiliuligeli. 
u Archiv der Akademie der bildenden Künste: 1745 fol. 16 v. 
14 Richard Sedlmaier Rudolf Pfister. Die furstbiscliofliche 
Residenz zu Würzburg, München 1923, S. 98K, 111; 
Tafel 93, 166. 167; Zcitrafc] V. S. 245. 
A. a, 0., S. 11411; Tafel 103, 141; Zeittafcl lX, S. 250. 
A. a, , S. 111 Tafel 95, 140; Zeittafel Vll, S. 249. 
A. a. 0., 5.11111;TafCl138;ZeittafelVl, S. 249. 
A. a. (7., T2fel96, 151. 
A. a. O. S. 116f.; Tafel 78- B7 143: Zeittafel XI, S. 252. 
D2 Bossi im Mxirl 1744 her Zicrate in Gips gießt, 
im April die Mitrelrusette am Gewolbe fertig isr und die 
Stukkaruren ober dem Gesims mit Kohle vorgezeichnet 
und begonnen sind, überhaupt die ganze umfangreiche 
Arbeit sehr rßch vonstatten geht, könnte angenommen 
werden, die dazugehörigen hnrwürfe seien wenigstens 
zum Teil oder als erste ldecnskizze schon einige Zeit 
vorher von Bossi angefertigt worden. 
 
 
 
s 13m1 des Modclls, Abb. s 
s Mcistennarke Joseph Wilhelm man: vom Sonntagberger 
Silberrahmcn 
XWenn auch hier - wie schließlich in 
allen aufgezählten Fällen - von einer 
wörtlichen Wiederholung nicht die Rede sein 
kann, so ist doch im Grundsätzlichen, in 
der Tendenz zu Plastizität, dynamischer 
Bewegung - wie sie in den temperament- 
vollen Schwüngcn und Gegenschwüngen 
zum Ausdruck kommt - und zu präzisester 
Durchgestaltung aller Einzelheiten unleug- 
bar eine weitgehende Gleichartigkeit zu 
verzeichnen. Aber gerade bezüglich des 
Weißen Saales gibt es zeitliche Schwierig- 
keiten. Die Dcckcn- und Wanddekoration 
entstand zu einer Zeit, als sich Hcfele, wie 
vermutet wird, bereits in Wien aufhielt 19. 

	        
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