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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 4)

und der Ankunft der neuen Regentin Marianne, der 
Schwester Maria Theresias und Gattin Karls von 
Lothringen, die Statthaltersehaft. Ein hervorragender 
Diplomat, wurde er dazu ausersehen, die beiden schle- 
sischen Kriege durch die Friedensschlüsse zu Breslau 
(1742) und Dresden (1745) zu beenden. Als böhmischer 
Oberster Kanzler verteidigte er mit seinem Herzblut die 
Landes- und ständische Autonomie gegen die zentralisti- 
sche Staats- und Verwaltungsreform des Grafen Fried- 
rich Wilhelm von Haugwitz. Maria Theresia entschied 
für Haugwitz. Kein Historiker wird entscheiden können, 
0b die Wahrung des föderativen Prinzips für die Völker- 
gemeinsehaft der Monarchie nicht glücklicher gewesen 
wäre, als der nach preußisehem Vorbild vorgenommene 
Wechsel in der Verfassung und Verwaltung, der auf 
halbem Wege stecken blieb und bis zum Ende der Mon- 
archie Probleme mit sich brachte, die zu ihrem Unter- 
gange beitrugcn. Friedrich Harrach hat den gegen die 
ständische Verfassung gerichteten Schlag nicht überlebt. 
Er starb am 4. Juni 1749. 
Der jüngste Sohn des Grafen Alois, Ferdinand Bonaven- 
tura II, war Gouverneur der Lombardei und erfreute 
sich dort eines hohen Ansehens und großer Beliebtheit. 
Auf seinen Gütern bemühte er sich in vorbildlicher 
Weise um die damals so wichtige Schafzucht, worüber 
er eine wertvolle Abhandlung verfaßte, und unterstützte 
den Aufschwung der Tuchmnnufaktur in Österreich. 
Seine Tochter Augustc wurde mit dem Titel einer Für- 
stin von Liegnitz Friedrich Wilhelm III. angetraut, dem 
Witwer nach der Königin Louise. Sein Neffe Johann 
Ernst richtete in Mähren die größte Leinenmanufakttlr 
der Monarchie und ein Eisenwerk ein und begründete in 
Böhmen den Weltruhm der Harrachschen Glashütten. Er 
legte den Garten in Prugg an der Leitha an, in dem der 
nach ihm benannte indische Strauch Harrachia gezogen 
wurde. Anläßlich der Geburtstagsfeier des Grafen Franz 
Ernst im Jahre 1843 führte die adelige jugend Böhmens 
im Palais Harrach Klicperas Lustspiel „Rohovin Vier- 
eck" auf. 
Viele Mitglieder der Familie widmeten sich dem Kriegs- 
dienst, so Franz, der in den Schlachten des Siebenjährigen 
Krieges focht und als kommandierender General in der 
Lombardei starb, und Ferdinand Johann, der für seine 
Waffentat bei Uj-Palanka 1788 den Maria-Theresien- 
orden erhielt. 
Eine einzigartige Persönlichkeit war Karl Borromäus, ein 
Bruder des Majoratsherm Johann. Er gehörte zu den 
Besuchern Goethes in Weimar, war mit Alxinger, 
Blumauer, Ignaz Born und jaequin befreundet, besonders 
aber mit Johann Peter Frank, der Zierde der Wiener 
medizinischen Schule. Karl Borromäus war nämlich Dok- 
tor und Primarius im Spital der Elisabethinerinnen. Sein 
Leben gehörte den Kranken und auch der Fürsorge für 
entlassene Sträflinge. Von Hammer-Purgstall angeregt, 
lernte er persisch und übersetzte Gedichte aus dem Di- 
wan des Hafis. 
Die hohe politische Begabung der liarrach, der unent- 
wegten Wortführer der Landesautonomie, bestätigte sich 
auf den Landtagen und im Herrenhaus, das zu seinen 
letzten Mitgliedern den Grafen Otto l-larrach zählte, der 
sich während des ersten Weltkrieges mit ganzem Her- 
zen für die Befriedung der Nationalitäten und einen 
rechtzeitigen Frieden einsetzte. 
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