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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 4)

 
GLASFENSTER 
FÜR 
HIROSHIMA 
OTTO MAUER 
 
 
lliroshima in japan ist mit Nagasaki einer der beiden 
Orte, die in der Geschichte der Menschheit unaus- 
löschlich eingezeichnet ist. Auf die in einer Bucht des 
japanischen Binnenmeeres gelegene Hafenstadt fiel am 
6. August 1945 dic erste Atombombe; sie forderte 73.150 
Tote, 37.425 Verletzte und 13.983 Menschen wurden 
nach dem Angriff vermifit. Die moralische Verantwort- 
lichkeit für dieses Ereignis kann nicht nur der Nation 
angelastet werden, deren Soldaten die Aktion durchführ- 
ten und die als erste solche Kampfmittel herstcllte. 
Dieses Bewußtsein erfüllte die kriegführendcn Völker 
auf beiden Seiten der seinerzeitigen Weltkriegsfronten. 
Die Ursachen für einen Menschheitskricg liegen tiefer. 
Sie sind im Grunde genommen metaphysiseh, moralisch 
und psychologisch in jedem einzelnen verwurzelt. Es ist 
der defekte ethische Zustand der Menschheit als Ganzes, 
der solche Kriege mit solchen Instrumenten der Ver- 
niehtung möglich macht. Auf dieser Bewußtseinsbasis 
war es begreiflich, daß sehr bald nach dem durch den 
Atomhombenabwurf erzwungenen Ende des japanisch- 
amerikanischen Krieges die Idee einer liriedenskirche 
sichtbar wurde, die für die ebenfalls schwer betroffene 
katholische Gemeinde von Hiroshima zum Zentrum, und 
für die Welt zu einer Sühnestätte und zum Mahnmal für 
den Frieden werden sollte. In den Jahren 1950 bis 195-} 
entstand ein Bau mit einem Fassungsraum für zirka 2000 
Personen nach den Entwürfen eines japanischen Archi- 
tekten (der selbst nicht Christ ist); der Bau von imitati- 
vem Charakter lehnt sich an den europäischen basilika- 
len Stil an und zeigt gewisse japanisierende Elemente. 
Die Kirche ist im wesentlichen fertiggestellt; amerikani- 
sche Besatzungssoldaten beteiligten sich maßgeblich an 
den Bauarheiten, amerikanische Christen an der liinan- 
zierung des Baues selbst. Spanien übernahm die Aus! 
gestaltung der Krypta, Belgien den Aufwand für den 
Altarraum, deutsche Bundesländer, Städte, Organisatio- 
nen und Firmen beteiligten sich durch Finanzierungen 
und Beauftragung von heimischen Künstlern an der 
Inneneinrichtung und Ausgestaltung der Kirche, so daß 
gegenwärtig nur die Kuppelfenster des Presbyteriums 
fehlen (die in Deutschland nach einem Entwurf von Pro- 
fessor A. Wendling hergestellt werden); außerdem die 
Langhausfenster des Erdgeschosses (die von den großen 
Marianisehen Wallfahrtsorten der Welt gestiftet werden 
und die Mysterien des Rosenkranzes zum Thema haben 
sollen) und die Langhausfenster im Ohergeschoß des 
basilikalen Raumes (16), die nun der Initiative Oster- 
reichs anheimgestellt sind. Der österreichische Botschafter 
in Tokio, Dr. F. H. Leitner, gab 1958 Erzbischof Doktor 
Rohracher die Anregung zu einer Beteiligung Österreichs. 
Die Katholische Frauenbewegung und der Katholische 
Akademikerverband Österreichs stellten sich der Aktion 
organisatorisch zur Verfügung und veranlaßten einen 
künstlerischen Wettbewerb, der von dem Institut zur 
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