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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 4)

MÄZEN UND SAMMLER HEUTE 
JORG LAMPE 
WERKE ALTER MEISTER 
UND ZEITGENOSSISCHER KUNST 
IN EINER WIENER WOHNUNG 
ER 
Die zwar häufigen, aber etwas voreiligen Nachrufe auf 
das private Mäzenatentum laufen samt ihren soziolo- 
gischen Begründungen in der Regel darauf hinaus, daß 
man die „öffentliche Hand" als seinen legitimen Erben 
sanktionieren möchte. Liegt jedoch der individuelle Mä- 
zen tatsächlich bereits in Agonie oder gar unter den 
Trümmern der Vergangenheit begraben? 
Gewiß, die großen herrschaftlichen Lebensumstände der 
Renaissance und des Barock, die einer kulturellen Re- 
präsentation und damit auch einem weitsichtigen Mä- 
zenatentum die Wege ebneten, sind unwiederbringlich 
dahin. Schon die Reichen aus der ersten Phase des Indu- 
striezeitalters hatten nicht mehr die gleiche Haltung 
und Muße, auf deren Boden es wie von selbst gedeiht. 
Die „Tatsaehen" wurden zunächst einmal stärker als die 
„Form" und standen gegen sie, was der Kultur nicht 
ausgesprochen dienlich ist. 
Erst recht engen dann der Massen-Wohlfahrtsstaat von 
heute sowie die technische und soziale Durchorganisation 
der Allgemeinheit, die ja nur der amorphe Grundstoff 
der „GesellschafW ist, die Basis und Initiativ-Potenz des 
Mäzcnatentums beträchtlich ein. Die Wohnraumver- 
knappung, die Hetze im modernen Existenzgetriebe, der 
Magnetismus des technischen Komforts und damit das 
fortschreitende „Gewöhnlichwcrden" in Ider Selbst- 
behauptung und in den Genußbedürfnissen des modernen 
Durchschnittsmenschen sind deutliche Indizien hierfür. 
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