Die Unzugiingliehkeit des Fiskus in der Steuerabzugs-
frage bei Kunstankäufen fügt ihnen noch einen rechne-
rischen Akzent hinzu.
Das alles aber ändert nichts daran, daß das private Mä-
zenatentum auch heute möglich ist und sich jederzeit
reaktivieren läßt, wenn und wo nur die innere Bereit-
schaft dazu vorhanden ist, wo also das Bedürfnis nach
einem tätigen und vor allem fördernden Anteil an den
lebendigen künstlerischen Vorgängen im Heute stärker
als Bedarf und Verlangen nach dessen praktischen Kom-
fort-Rcizcn zur Geltung kommt.
Ohne Zweifel nämlich gab es in früheren Zeiten Mäzene
mit sehr viel geringeren Mitteln, als sie heute so man-
chem Vielverdiener zu Gebote stehen. Desgleichen waren
es - wenn sicher auch beteiligt - nicht nur Eitelkeit,
Macht- und Geltungsdrang, sondern auch ein echtes
Oberschichtbewußtscin mit der dazugehörigen Selbstver-
pflichtung, dem Dasein wahrhaft Form zu geben, was die
Mäzene oft sehr bedeutende Opfer auf sich nehmen ließ,
um mit den Künstlern am Ruhm der Kunst und an der
geistigen Verklärung und Krönung der Lebensführung
teilzuhaben.
Erst die Ausbreitung, wenn nicht gar Überhandnahmc
des typischen „Konsumentismus" im zweiten Nachkrieg
hat dann das schöpferische Obcrsehichtbewußtsein weit-
gehend liquidiert. Eingeleitet freilich wurde dieser Pro-
zeß durch ein Versagen schon seit und vor der jahr-
hundertwcndc, und eine weit verbreitete Resignation in-
folge mangelnden Glaubens an eine Zukunft tut ein
übriges, ihn zu beschleunigen. Auf jeden Fall ist heute
die Zahl derer, die zwar mehr „haben", aber keineswegs
auch noch mehr „sind" als die anderen, erstaunlich an-
geschwollen und damit natürlich auch das Mäzenaten-
tum bedroht.
Was aber ist eigentlich unter diesem zu verstehen? Be-
stimmt keine „Fürsorgä, wie sie eben die öffentliche
Hand betreibt, sondern ein Einsatz für persönlich Ge-
scbätztes und Gewünschtes, ein tätiges Bekenntnis aus
persönlicher Wahl und Neigung, die damit auch dem
Künstler als solche widerfahren und zum Ansporn, zur
Befruchtung, zum erforderlichen Echo werden. Miizcna-
tentum und Anonymität schließen einander aus, denn
durch das Mäzcnatcntum wird nicht nur für irgendwen
ein in irgendeiner Weise vorteilhaftes Arrangement ge-
troffen, sondern hier begegnen sich Persönlichkeiten im
beiderseitigen Geben und Nehmen, ohne das ein Mäzena-
tentum nur eine halbe Sache ist. Sein Eingriff macht die
schöpferische Phantasie im Sinne der Überwindung der
Alltäglichkeit, Vergänglichkeit und Vergeblichkeit un-
seres normalen Daseins praktisch und in einem beson-
deren Ausmaß wirksam.
Durch den Mäzen und den Sammler, die sich nur gra-
duell voneinander unterschciden, weil der Mäzen ja meist
auch über den Bereich des eigenen Hauses hinauswirkt,
wird der Aktionsradius der Kunst vergrößert und zu-
gleich deren Wirklichkeit anders als in der musealen
Sphäre in das private und persönliche Leben des einzel-
nen hineingestellt. Sie tragen entscheidend dazu bei, es
offenbar zu machen, was ein persönliches Zusammen-
leben mit der Kunst bedeutet oder doch bedeuten kann.
Natürlich wird auch aus außerkünstlerischen Motiven wie
zum Beispiel auf Grund der an den großen Umschlags-
platzen zeitgenössischer Kunst schon längst bekannten
enormen Gewinnmöglichkeiten im Kunstgeschäft „ge-
sammclt". Das aber sind „Börscnspekulationcn", die sich
von denen am Wcrtpapicrmarkt nur dadurch unterschei-
den, daß gerade moderne Kunstwerke oft um ein Viel-
faehes höhere Vcrkaufsgewinne abwerfen als selbst die
besten Aktien.
1 E1 Greco, Hirten am Feuer. - Auf dem Tisch darunter Pla-
stiken von Wolruha, Urteil, Czerny und Bcrtoni. Außerdem Pi-
cassovKeramiken aus Vallauris.
2 Lucas Cranach, Maria mit Kind. - Dnruntcr Bcrtnnis „lic-
CIeSiQW-Folgc.