stcr, des Glaubens mit dem Unglauben, das geistige Stre-
ben zu hoher Erkenntnis - das alles nimmt greifbare
und deutbarc Gestalt an und immer trägt das Gute, Edle
und Hohe den Sieg davon. Dieser triumphale Stil offen-
bart den ganzen Optimismus eines sieghaften, selbst-
bewußten und aufbauenden Zeitalters, das Kraftbewußt-
sein und die seelische Aufnahmsfähigkeit eines erlebnis-
reichen Menschentums.
l)er Wiener kaiserliche Hof ist ein Mittelpunkt geistiger
und weltlicher Kultur. Mögen auch die Habsburgcr Leo-
pold I., Joseph I. und Karl VI. einfachere Formen lieben
und nur gelegentlich die ganze Pracht der Majestät ent-
fallen, der aristokratische Hof versteht es umso besser
zu repräsentieren. Die Aristokratie lebt im Lichte kaiser-
licher Gnade und Libertät, sie hat ihren vorgezeichneten
Lebensgang im Dienste des Kaisers oder im Dienste der
Kirche. Die hohen repräsentativen Stellungen in den
höfischen Ämtern und in der llierarchie sind dem Adel
reserviert. Mit den damit verbundenen Einkünften be-
streitet er den kostspieligen Haushalt und seine ebenso
kostspieligen modischen Beschäftigungen und Vergnü-
gungen. Dieser Adel bekommt ein internationales Gepräge:
denn der kaiserliche Hof übt eine mächtige Anziehungs-
kraft auf alle unternehmungslustigen, ehrgeizigen und
auch habsüehtigcn Elemente aus. Aus dem Reich, aus
Italien und Spanien, aus den Niederlanden strömen sie
zusammen. Hier, in Wien, gibt es unzählige Möglichkei-
ten sozialen Aufstieges, des Gewinnes von Ehren und
Reichtum, von Amt und Würden. Hier verbinden sie sich
bald mit heimischen Geschlechtern, erwerben Grund und
Boden und fügen den deutschen, böhmischen, ungarischen
und italienischen Familiennamen einen französischen,
spanischen oder irischen hinzu. Besonders aus den geist-
lichen Fürstentürnern, die im Reiehsgedanken fest ver-
wurzelt sind, kommen die Söhne des Adels nach Oster-
reich, um hier ihr Glück zu machen. Gar manche fliehen
aus der Enge landesfürstlicher Territorien in die kaiser-
liche Resiclenzstadt. So sind etwa die Schönborn, Metter-
nich, Gudenus und Stadion nach Österreich gekommen.
Friedrich Karl von Schönborn, der Neffe des Kurfürsten
von Mainz und Bischofs von Bamberg Lothar Franz, hatte
als Reiehsvizekanzler eines der höchsten Reichsiimter
inne und hinterließ, als er nach dreißig Jahren als Bischof
von Würzburg und Bamberg ins Reich zurückkehrte,
sein großes Besitztum in Osterrcich einem seiner Neffen.
Wie sein Onkel, war auch er ein großer Bauherr und
Kunstiiebhaber, besaß in Lukas Hildebrandt einen llaus-
architekten, der ihm sein Schloß Schönborn und sein Gar-
tenpalais in der Josefsstadt erbaute und mit viel bewun-
derten Gartenanlagen schmückte. Sein Bruder Johann
Philipp war vor ihm Fürstbischof von Würzburg und
begann den Bau der prachtvollen Residenz, bei dem auch
Hildebrandt mitwirkte, der auch beim Bau des herrlichen
Schönbornschen Schlosses in Pommersfelden bci Bam-
berg seine Hand im Spiele hatte. im Dienste des Kurfür-
sten Lothar Franz war Gottfried Bessel herangewachsen,
der später als Abt von Göttweig die erstaunlichen Pläne
des Stiftes von Hildebrandt entwerfen ließ, die selbst in
ihrer nur teilweisen Verwirklichung noch eindrucksvoll
genug sind. Die adeligen Bauherren, an ihrer Spitze Prinz
Eugen, verstanden etwas von Plänen und Rissen - das
gehörte sozusagen zur adeligen Erziehung. Martinelli,
Fischer von Erlach, Lukas llildcbrand waren große
Herren, die Landklöster begnügten sich mit Baumeistern
aus der Provinz, die auch noch zu großen Leistungen
fähig waren, wie die Namen Jakob Prandtaucr, Joscf und
Franz Munggenast und Matthias Steinl beweisen, ganz
zu schweigen von vielen anderen, die sich an dem Neubau
von unzähligen Kirchen und ganzen Straßenzügen in den
Provinzstädten beteiligten; denn das wohlsituierte Bür-
gertum, das der aufblühende Handel oder das vielbc-
schäitigte, zu reichem kunstgewerblichen Schaffen sich
emporschwingende Handwerk zu Ansehen und Reichtum
gebracht hatte, war darauf bedacht, sich dem Geschmack
der Zeit anzupassen und sich modern einzurichten. Die
österreichischen Städte verdanken ihrem Kunstsinn viele
erlesene Bauten.
Gerade heuer jährt sich zum dreihundertsten Mal der
Geburtstag Jakob Prandtauers, der am 16. Juli 1660 in
der Pfarrkirche von Zams getauft wurde und wahr-
scheinlich am gleichen oder am vorhergehenden Tag
das Licht der Welt crhlickt hatte. Bei dem Maurermeister
Georg Asam in Schnann im Stanzertal (Tirol) hatte er
das Handwerk gelernt, sich später als Bildhauer in
St. Pölten in Niederösterreich niedergelassen und schließ-
lich als Baumeister eine hohe Meisterschaft erlangt. Bis
zu seinem Tode am 16. September 1726 war er unermüd-
lich im Dienste der bauireudigen Prälalen Nieder- und
Oberösterreichs tätig, in Melk, St. Florian, Gnrsten. Her-
zogcnburg und Dürnstcin. Er baute die schönen Kirchen
von Sonntagberg, in Ravelsbaeh und Wullersdorf und