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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 6 und 7)

 
setzungen des Objektes, sei es nun ein Kleiderschrank, 
eine Truhe, ein Keramikkrug, ein Kachelofen. Der we- 
sentliche Unterschied in der Haltung der bäuerlichen 
Kunst (wie aller Primitivkünste der neueren Zeit) zur 
Einstellung Zülows besteht darin, daß Bauernkunst auch 
dort, wo sie figürlich-illusionistisch sein will, in den 
Grenzen einer traditionsgeheiligtcn Manier und eines 
noch vorakademischen Handwerkskönnens befangen 
bleibt. Zülow, routinierter Absolvent höherer künst- 
lerischer Lehranstalten, beherrscht selbstverständlich 
alle jene Bereiche, um die die Volkskunst sich vergebens 
bemühte, als da etwa sind: mathematische Zentralper- 
spektive und „Luftmalerei" in souveräner Weise. Sein 
Erlebnis der bäuerlichen Formenweltcn ist ein durchaus 
akademisch-großstädtisches, er weiß genau, worum es 
geht, er ist sich vor allem vollkommen der Tatsache 
bewußt, daß ein Forlführen bäuerlicher Kunsttraditionen 
unter den gegebenen Zeitverhältnissen unmöglich, ja ab- 
surd ist. Zülow, der „Bauernmaler", tut nichts anderes, 
als unser aller Freude an der bunten, naiven und frohen 
Welt ländlichen Schaffens von anno dazumal in prak- 
tischer, angewandtcr Weise zu teilen -, aber er steht 
auf unserer Seite, er ist bewußt und betont ein Mensch 
unserer Zeit und unserer Umwelt, er weint keinem ver- 
sinkenden Paradies nach, er schafft - und das ist vor 
allem besonders symptomatisch - ja keinesfalls für die 
Welt der Bauern selbst, sondern für ein durchaus städti- 
sches Bürgertum, das in seinen Sommer- und Landsitzen 
Ländlichkeit spielt, Dirndlkleider und Trachtenanzüge 
trägt, ohne sich je mit dem Bauerntum zu identifizieren. 
Für die Wertung Zülows erscheint es uns wesentlich, auf 
sein Schaffen als reiner Künstler hinzuweisen. In den 
zahllosen Gemälden, die er der Landschaft der Heimat 
der Mutter, dem Weinviertel nördlich von Wien, und 
später der Mühlviertler Wahlheimat Hirschbach weihte, 
beweist er, wie sehr Kunst und Kunstgewcrbe bei ihm 
eine Einheit sind. Stimmung ist die Stärke seiner Dar- 
stellungen gerade der unpathetisehestcn, bescheidensten 
Motive - Kellergassen, Preßhäuser, Dorfkirchcn, aber 
auch ländliche Küchenstilleben, Bauernblumen und Kauf- 
mannsläden. Hier äußern sich echte Bindungen des Ge- 
fühls, man spürt ohne viel Umschweife, in welchem Maß 
die Liebe zu den Dingen des Künstlers Pinsel führte: Sein 
Werk beweist, daß eine große, gute Sehnsucht Erfüllung 
fand, ohne Phrasen, ohne Verstiegenheiten, ohne Lüge. 
Er, der sich über das Wesen der Natur den Kopf nicht 
viel zerbrach, fand den Weg zurück zu ihr - nicht nur 
nehmend, sondern auch gebend aus der Fülle seines 
Erlebens. 
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