von Trippel, der einem Freund gegenüber Klage führt,
„daß der tüchtige Maron auf Bestellungen warten müsse,
weil Angelika sie ihm wegschnappe"?! In der Tat war
Angelika Kauffmann, die seit 1782 das Atelier in der Via
Sistina 72 bewohnte, welches einst Mengs und Maron
innehalten, in zunehmendem Maße zur zentralen Ge-
stalt des deutschen Kunstlebens in Rom geworden. Die
gesellschaftlichen und künstlerischen Erfolge der viel-
hegabtcn und klugen Frau führten gerade zu einer Zeit,
deren intellektuelles Leben in besonderer Weise durch
die Anregungen geprägt war, die von den Salons geist-
reicher Damen ausgingen, eine Vielzahl namhafter Rom-
fahrer in ihr Atelier. um das sich auch ein Kreis von
Künstlern, wie Tischbein, Hackert und Reiffenstein, ge-
bildet hatte, zu dem Maron jedoch nicht gehörte.
Mithin gibt das neuerdings aufgetauchte Selbstbildnis,
das 1794 datiert ist, einen wichtigen Einblick in die Spät-
zeit des Malers. Die Tatsache, daß eine Selbstdarstellung
die Schaffenslücke der neunziger Jahre füllt, spricht
wohl auch dafür, daß der Künstler, über den die Zeit
gewissermaßen hinweggegangen war, aller repräsenta-
tiven Aufträge ledig. ganz auf sich selbst bezogen gelebt
hat. Ein Vergleich mit dem Selbstporträt von 1787 läßt
die völlige Änderung sowohl der Schalfensweise wie der
Ausdruckswerte deutlich werden. Diese Wandlung ist so
grundsätzlich, daß man bei flüchtiger Betrachtung der
beiden Bilder kaum auf die gleiche Hand schließen würde.
Dort barockes Pathos und malerische Eleganz in der
Behandlung der Oberfläche, hier beinahe nüchterner
Realismus und ernstes Bemühen um die Gestaltung einer
geistigen 'l'iel'e. Dabei ist das schon bekannte Grund-
schema im Figurenaufbau durchaus beibehalten. Wic-
derum ist die Wendung nach rechts bei nahezu irontaler
Kopistellung gewählt. Das Format, die volle Halbiigur,
fordert das Erscheinen mindestens einer Hand. Doch
werden hier nicht Pinsel und Palette voll stolzen Selbst-
bewußtseins gehalten, im Gegenteil, die sich bietenden
Möglichkeiten sind in keiner Weise genutzt: Die Hand
mit den Pinseln, nur schwach belichtet, geht in die dunkle
Tiefe des Bildes. Die Kleidung ist jetzt von betont
schlichter Bürgerlichkeit; allerdings entstand das Bild
fünf Jahre nach der Französischen Revolution. Zum
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