DIE
HINDUISTISCHE
TRINITÄT
Zu der vom Bundesministerium für Unterricht
unter Mitwirkung der öxlerraichischelz Kulturvereinigung
veranstalteten Ausstellung „Kunst aus Indien" im Wiener Künstlerhaux
vom I4. ]uli bis 2. Oktober 1960, bringen wir den folgenden Beitrag.
Die erste Person der „Trimurti" ist
Brahma, der Weltenschöpfer, in dem
sich das Grundprinzip der absoluten
Einheit der göttlichen Natur, das
unanschauliche, nicht darstellbare
„Brahm" : Gebet zur Tatperson in-
karniert. Aus seinem reinen Willen
schafft Brahm die Welt und setzt in
das Ur-Wasser einen Samen, aus
dem das Welten-Ei entspringt. In
diesem entsteht Brahma als Praja-
pati, als Vorvater aller Lebewesen.
Deshalb wird er auch „Purusha",
„Erster Mensch", genannt. In der
bildenden Kunst, die in Indien stär-
ker noch als im Westen als Vcrsinn-
bildlichung theologischer Begriffe
und als Hilfsmittel zur Erzielung
von MokszLErlösung, anzusehen ist
und in deren Gebilden das In-Er-
scheinungtreten einer Gottheit
(arca-avatar) stattfindet, wird Brah-
ma als rot- oder goldfarhiger Mann
dargestellt. der in Weiß gekleidet
ist und auf seinem Vehikel, dem
Hamsa-Schwan, sitzt. Brahma ist
vierköpfig, mit vier Tiaren gekrönt
und hat vier Arme, in deren Hän-
den er die Veden (heilige Schriften),
einen Roscnkranz, ein Gefäß mit
Ganges-Wasser und einen Löffel für
Opfer hält. Manchmal befindet sich
auch in einer Hand ein Zepter, in
der anderen der Bogen Pari-Varta,
während mit den beiden verbliebe-
nen Händen die rituellen Gesten,
Mudras, der liurchtabwehr und Seg-
nung vollzogen werden. Das Para-
dies des Weltenschöpfers, Brahma-
pura, liegt auf dem Gipfel des Göt-
terberges Meru und ist vom heiligen
Fluß Ganges umgehen.
Brahmas Shakti, d. h. die Versinn-
bildlichung seiner als weiblich emp-
fundenen Energien, ist die schöne
Sarasvati, die Schutzgottheit der
Künste und der Musik. lhr Vehikel
ist ein Schwan oder ein Pfau, außer-
dem ist sie leicht an dem auf ihrer
Stirn befindlichen Halbmond als
eine Art indischer Artemis erkenn-
bar. Sie hiilt die zweisaitigc Laute
Vina, in ihrer Eigenschaft als Her-
rin des nach ihr benannten Flusses
trägt sie in einer Hand eine Lotus-
hlüte, Padma, in der anderen eine
Schale Wasser. Als Gottheit der Li-
teratur ist eine Schriftrolle ihr
Attribut. Manchmal versieht man
sie auch, um alle Attribute gleich-
zeitig vorführen zu können, mit vier
Armen.
An zweiter Stelle der Dreieitiigkeit
steht Vishnu, die volkstümlichste
aller hinduistischen Gottheiten.
Vishnu ist Erhalter der Welt; auch
er ist selbstverständlich nur ein
Maya von Brahm, also letztlich so