auch wenn heute mancherlei unter-
nommen wird, Plastik und Aktion
zur Deckung zu bringen, wie das
nicht zuletzt fast alle ausgesprochen
abstrakten Eisenplastiker versuchen.
Die XXX. Biennale weist nun, wenn
man von den typischen Klischee-Fi-
guren der meisten Ostblockländer
absieht, für die es offensichtlich
keine bildnerischen Probleme, son-
dern nur solche der Propaganda und
der Organisation gibt, vier Haupt-
artcn der Plastik vor. Da ist zu-
nächst einmal der geistige Vater des
Plastischen als solchem, Constantin
Brancusi, zu erwähnen, dem die
Biennale eine gut gewählte kleine
Gedächtnisausstellung eingeräumt
hat, die den Weg Brancusis zum
Plastischen als reiner Form vor Au-
gen führt. Wenn auch anders ge-
artet, so gehört auch der Belgier
Oskar jespcrs in diese gleichsam
historische Gruppe, weil sein qua-
litäts- und umfangreich belegtes Le-
benswerk in Stein, Holz und Bronze
der traditionellen plastischen The-
matik zugehört, auch wenn jcspers
seine Köpfe, Büsten und Figuren zu
ebenso expressiver wie konzentrier-
ter Gestalt entwickelt.
Eine zweite Gruppe jüngerer und
jüngster Plastiker wie Roszak bei
den Amerikanern, Mirko bei den
Italienern, Paolozzi bei den Eng-
ländern, Dlamonja bei den Jugo-
slawen (die in der Kunst nichts
Ostblockisches an sich haben), der
Brasilianer Cravo oder der Japaner
Tadahiro Ono, stellt Plastik von
geradezu surrealem Charakter aus,
wobei das Surreale verschiedene Be-
züge aufweist. Einmal wie bei Ro-
szak mit seinen Bestien oder wie
vom Meercsboden heraufgeholten,
„vermuschelten" Trümmern, bei
Mirkos „Totempfählen" und „Ido-
len", bei Paolozzis seltsam ins Pre-
ziosenhafte aufgeputztem „Keller-
und Bodenkram", dem manchmal
auch noch indische Lichter aufge-
setzt sind, und nur zum Teil auch
bei Diamonja haben die entstande-
nen Gebilde noch etwas mit der er-
kennbaren Außenwelt zu tun, wenn
sie sie auch deutlich „verfremden".
Ein anderer Teil von Diamonjas
Arbeiten, besonders die mit Glas
kombinierten, die recht interessant
sind, kommt rein aus der bildneri-
schen Phantasie. Die Eisenplastiken
Onos aber lassen überhaupt nur an
zerstörte technische Komplexe den-
ken. lIier zeigt sich gleichsam der
Untergang unserer maschinellen
und mit allerlei Dienstleistungs-
nctzen bestückten Zivilisation be-
siegclt und zum bildnerischen Ma-
terial verschrottet.
Die Plastik also bringt ungleich ne-
gativere und dämonischcre Aspekte
als die auf der diesjährigen Bien-
nale ausgestellte Malerei. Diamon-
ja „erschreckt" dabei noch auf be-
sondere Weise. Die Oberfläche der
meisten seiner Figuren besteht aus
zusammengeschweißtcn Nagclköp-
fen. Die Nagelspitzen stehen wie
eine Stachelwehr nach innen. Das
Erschreckende daran ist diese (viel-
leicht unfreiwillige) Symbolik: Das
Außen hat gesiegt - der Feind ist
innen. Kommentar überflüssig.
Eine dritte Gruppe, als deren Ver-
treter hier nur der Schweizer Ro-
bert Müller und vielleicht noch der
schon 1890 geborene Spanier Angel
Ferrant genannt seien, macht ein-
fach Eisenplastiken, wobei die Mül-
lers, der vor vier Jahren stärker
wirkte, mit den Elementen Schuppe,
Schale und Schlauch operieren,
während Ferrant dem Prinzip des
Ausstrahlens und der federnden
Gleichgewichtigkeit huldigt, was
manchmal zum Verspielten führt.
Wirklich ernst und gewichtig aber
und außerdem dem Humanen auf
eine zeitlose Art verpflichtet sind
eigentlich nur die im österreichi-
schen Pavillon auf vorbildliche Weise
aufgestellten 21 Eisenplastiken von
Rudolf l-loflehner, über den hier
schon anläßlich der Biennale von
Sao Paulo ausführlicher die Rede
war. Sie haben bei fast allen Ver-
nissage-Besuchern einen starken
Eindruck hinterlassen. Nur die inter-
nationale Preis-jury hielt sie nicht
einmal eines der privaten Preise für
würdig, wie sie zum Beispiel Fer-
rant und Paolozzi zugesprochen
wurden. Diese jury hat sogar, du
man sich angeblich über die Verge-
bung des großen internationalen
Plastik-Preises nicht einigen konnte,
kurzerhand den Plastik-Preis auf die
Malerei überschrieben, wodurch
eben auch Hartung zu einem zwei-
ten höchstcn internationalen Male-
rei-Preis von zwei Millionen l.ire
kam. Man kann über diese Um-
schreibung verschiedener Meinung
sein. Mit Gerechtigkeit hat sie be-
stimmt nicht viel zu tun. Es ist je-
doch kaum zweifelhaft, daß Hof-
lehner nicht nur in dem durch den
diesjährigen Kommissar Prof. Dok-
tor Vinzenz Oberhammer in jeder
Hinsicht mustergültig hergerichte-
ten Österreichischen Pavillon mit
seinem jetzt erst auf eine sachge-
mäße Form gebrachten Plastikhof,
sondern auch unter den auf dieser
Biennalc ausstellenden Plastikern
auf Grund seiner handwerklichen
und künstlerischen Leistung mit in
der ersten Reihe steht.
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