KUNST DER KELTEN
IN SALZBURG
KURT WILLVONSEDER
Vorbemerkung der Reduktion: Vorliegender Beitrag von
Unim-Prof. Dr. Kurt Willvonseder, dem Direktor des
Szilzburger Museums, ist der Broschüre „Keltische Kunst
in Salzburg" entnommen. die anläßlich der 30. Sonder-
ausstellung im Museurnspavillon im Mirabellgnrten vom
Juni bis September 1960 als Nr Z der Schriftenreihe des
Museums zum Preise von S 5.- herausgegeben wurde.
Die Schrift enthält neben zahlreichem Bildmaterial auch
einen ausführlichen bibliographisehen Anhang, auf den
ausdrücklich verwiesen sei. Dr. Willvonseder hat den
auszugsweisen Nachdruck der obzitierten Schrift aus-
drücklich genehmigt und für „Alte und moderne Kunst"
neuerlich durchgesehen und redigiert.
Die Ausstellung selbst wird im Anschluß an Dr. Will-
vonseders Beitrag von unserem Mitarbeiter Dr. Ernst
Köllcr kurz gewürdigt. Sie ist während des Monats Okto-
ber in Hallein, vermehrt um einige inzwischen restau-
rierlc Stücke. zu besichtigen.
Wenn auch in ihren späthallstattzeitlichen Vorstufen
faßbar, tritt der die Kunst der Kelten repräsentierende
Lalenestil wie eine überraschend zu voller Entfaltung
und Leuchtkraft gelangte Blüte bereits in der Früh-
latenezcit, etwa um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
als etwas Fertiges entgegen, in einer Geschlossenheit
und mit einer Ausdruckskraft, die in einem erstaunlich
kurzen Reifeprozefl erreicht wurde. ein geistesgeschicht-
liches Phänomen, dessen Problematik seit der zu Beginn
unseres Jahrhunderts einsetzenden Konsolidierung der
ur- und frühgeschichtlichen Forschung immer wieder in
gleichem Maße Archäologen und Kunsthistoriker ge-
fesselt hat. Schon P. Reinecke legte (1902) in seiner
grundlegenden Studie über die Latenedenkmäler in der
Zone nordwärts der Alpen dar. daß die keltische Kunst
in der Geschichte der bildenden Kunst und des Kunst-
gewcrbes im vorgeschichtlichen Europa den vielleicht
wichtigsten Abschnitt bedeute, da sich die in ihr wirk-
samen Kräfte verhältnismäßig einfach aufzeigen ließen.
Diese Kräfte sind zu überwiegendem Teil in der medi-
terranen Welt, in der griechischen und etruskischen
Kunst zu suchen. Seither haben neue Funde, auch aus
Österreich und Salzburg im besonderen, den Gesichts-
kreis erheblich erweitert und dazu beigetragen, Struktur
und Wesen der keltischen Kunst, Kultur und geistigen
Haltung auch in vielen bezeichnenden Einzelheiten bloß-
zulegen. Die Summe der gewonnenen Erkenntnisse hat
in dem Werk über die frühkeltische Kunst von P. Jacobs-
thal (1944) ihre bisher umfassendste und großartigstc
stilgeschichtliche Synthese gefunden.
Die Aufnahme gegenseitiger Kontakte zwischen dem
westlichen Späthallstattkreis und der griechischen Welt.
die ihre Kolonisationstätigkcit im westlichen Mittelmeer
im 7. Jahrhundert v. Chr. auszudehnen begann, läßt sich
durch Importgut aus dem Süden bis ins 6. Jahrhundert
zurückverfolgen. Entscheidend wurden die Einflüsse aus
dem Mittelmeer auf die barbarischen Randvölker aber
erst nach der Gründung der griechischen Kolonie Mar-
silia-Marseille um 600 v. Chr. und als sich die Etrusker
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in der Poehene festgesetzt hatten, wodurch die Grenze
der südlichen Hochkultur weiter nordwärts gerückt
wurde, Der die Rhone und Saöne aufwärts und über die
Alpenpiisse gehende lmportstrom begann nun s " r zu
fließen. Mit dem begehrten Wein gelangten Bronzegelillle
verschiedenster Art, Amphoren, Weinkannen und sonstiv
ges Trinkgesehirr. aus etruskisehen Werkstätten die
charakteristischen Sehnnbelkannen mit schräg aufwärts
gerichtetem Ausguß und plastischen Verzierungen an
Henkel und Mundsaum, sehwarz- und rotfigurige grie-
chische lbnwarc und viele andere Dinge an die liürslen-
höfe im Keltenlnnd, an welchen bald eigene Werkstatten
sein dürften, hier und dort vielleicht sogar mit lremden
Wanderkünstlern als Lehrmeistern. ln diesen Werk-
stätten erwuchs. mit den importierten Formen und Zier-
weisen als Vorbild und mit der vorwiedend geometri-
schen Hallstattkunst als Grundlage und diese über-
wuchernd, der durch lebendige Pflanzen- und Tiierornci-
mentik charakterisierte dekorative Latänestil. Dali dieser