DER
MALER
WERNER
BERG
Expressionismus: Phase ll
Wenn in den kommenden Jahren wieder die Vergebung
des Großen Österreichischen Staatspreises an einen bil-
denden Künstler unseres Landes debattiert wird, so muß
ohne jeden Zweifel auch der Name Werner Berg als
einer der ersten Kandidaten genannt werden. Es ist lang-
sam ein Mythos um diesen abseits, auf einem einschich-
tigen Bauernhof im Kärntner Unterland lebenden Maler
und llolzschneider entstanden, der sich zeitlebens aus
allen Bindungen, Verbindungen, Vereinigungen heraus-
gehalten hat, um unbelastet von jeglichem Kulturbetriel)
ganz seiner Kunst zu leben. Nur selten verläßt Werner
Berg seinen Rutarhof, der gut anderthalb Stunden von
der nächsten Bahnstation und eine Stunde vom nächsten
Postamt entfernt ist, um Kontakt mit der Welt aufzu-
nehmen, die großen Ausstellungen in Paris, München
oder Zürich zu sehen, die Bilder eines Picasso, Braqtte,
Chagall, Leger oder eigene Ausstellungen vorzuberei-
ten. Wenn er auch kaum weggeht von seinem Rutar-
hof, so laufen hier doch vielerlei Fäden zusammem.
Freundschaften verbinden ihn über Länder hinweg mit
bedeutenden Persiönlichkeilen der Literatur, der Kunst,
der Musik. Die beiden großen Toten des vergangenen
Jahres, Rudolf Kassner und Alfred Kuhin, standen ihm
in freundschaftlicher Gesinnung nahe, und nicht we-
nige Namen lebender Zeitgenossen von Rang und Be-
deutung unterhalten lebendige Beziehung zum Rutarhni.
Werner Berg lebt abseits des hektischen Betriebs, aber
nicht ohne Kontakt mit den wichtigen geistigen Strö-
mungen der Zeit. Er weiß was vor sich geht, er beobach-
tet genau, aber er schirmt sich ab gegen Einflüsse, die
seinem Schaffen abträglich sein könnten. Für ihn gilt
ein Wort von Sören Kierkegaard; „Ich muß an Ort und
Stelle bleiben und mich erneuern nach innen."
An Ort und Stelle: das ist für ihn Kärnten, das ihm zur
zweiten, tieferen. zur Wahlheimat geworden ist. Hier
hat er sich, der 1904 in Elberield im Rheinland geboren
wurde, nach Studienjahren in Wien niedergelassen hier
ist er zu Hause: in diesem schweren, sehwerblü gen
Landstrich, in dem Deutsch und Slowenisch gespro-
chen wird, in dem Käirntner und „Windische" nah bei-
einander lehen, in diesem Rcstmodell des alten Kakanien,
des Viclvölkerstaales. Hier ist noch der Mythos daheim,
hier ist das Kirchenjahr noch gültige Ordnung der Zeit,
hier leben Menschen noch in einem alten geheimnis-
vollen Lebenskreis. Hier fand er seine Motive, hier fand
er seine Form. Denn dort ist Welt, wo, wie Werner Berg
einmal in einem Bekenntnis schrieb, „das Volk zusam-
menströmt und eine Fülle von Anblicken bietet, in denen